19) Fischers Fritz fischt in Essaouira

Endlich haben wir den Campingplatz des Grauens hinter uns gelassen. Warum gibt es aber auch keinen anderen Campinplatz bei Essaouira?! Wahrscheinlich weil der Wind einem hier so um die Ohren pfeift. Kein Grund jedoch, dann den einzigen Campinplatz dort so zu verwarlosen lassen! Oder sind wir auf einmal so verwöhnt von den paar Nächten im Atlantic Park. Es hätte ein so schöner ruhiger Abend bei Essaouira sein können. Die Kinder sind schon früh müde und kein Internet. Durch den Sturm, der einen sogar die Pilze vom Teller pustet oder das Wasser aus dem Wasserhahn wegweht, machen wir es uns drinnen gemütlich auch weil wir dem dunkelerdigen Boden mit allerhand Zeug in der Erde und rumstehenden Müll nicht trauen. Schon beim Einfahren hätten wir am Liebsten wieder kehrt gemacht, aber der kleine ummauerte Platzhatte Schatten und anscheinend Strom und wir hätten sonst wieder stürmige 10 Kilometer zurück gemusst. Auch mal wieder kein weiterer Camper da. Maja schimpft auch schon wie ein Rohrspatz, schlägt mir der Hand um sich und ruft andauernd „Weg!!! Weg Wind, nein! Mama, Papa! Mach den Wind weg!“ Der Staub wird einem leider gehörig in die Augen getrieben.

Und wenn man sowiso schon viel um die Ohren hat, sich schon nach dem Abend sehnt, nachdem die Kinder ins Betti gegeangen sind, genau dann passieren einem so tolle Dinge wie: Shampoo ist ausgelaufen und man muss erstmal das komplette Kultur-Center (da Matthias behauptet das Wort „Tasche“ würde Dem nicht gerecht) abduschen, sowie in Agdez oder halt wie hier, wo wir kurz davor sind dem Betreiber an die Gurgel zu gehen oder wenn wir Amis wären, ihn direkt zu verklagen. „Ouuuii alors, ca c’est un probléme de votre camping-car!“ Wohl kaum!!! Was ist passiert?: Ich setze Maja auf’s Töpfchen in dem Bus und kehre nebenbei ihr um die Füße den Sand weg. Als ich mit der Hand an den Boden komme, sticht mich was, autsch!! Ich kann nichts erkennen, vielleicht sind die großen Schrauben in der Bodenplatte zu heiß geworden durch die Sonne. Nochmal testen. „AUTSCH!!!!“ ich springe mit schmerzenden Finger zurück und hab ganz schön Herzklopfen. Ich habe einen heftigen Stromschlag bekommen! Schnell rufe ich den Matthias herbei und hole mir die verdutzte Maja aus dem Bus, die draußen mit Blick auf die Mizis, weiter auf dem Töpfchen sitzen darf. Als Matthias vorsichtig berührt ist alles weg, dafür sind die Sicherungen raus und wir haben auf einmal keinen Strom mehr. Aufgeregt fängt er an alles genauestens zu überprüfen, der halbe Bus wird auseinander genommen, wir dürfen natürlich in der Zeit nicht rein, so dass ich draußen in ungemütlicher, dunkler werdener, staubiger Umgebung Windeln wechsel, Schlafsachen anziehe, stille, Zähne putze usw. Im Bus ist alles in Ordnung doch Matthias entdeckt noch eine andere Steckdose am Campingplatz, die sogar schon ausgebrannt ist, aber wie schon oben erwähnt, neeein, natürlich ist hier alles in Ordnung! Es muss unsere Schuld sein. Komischweise haben die Franzosen, die noch ankommen, ebenfalls kein Strom. Matthias meint, wahrscheinlich hat irgend ein spezial Elektriker die Phasen falsch ageschlossen! Mein Finger schmerzt noch weiter, die Klos waren auch mal besser, der Abend war echt anstrengend und wir sind wirklich sauer über so viel Fahrlässigkeit. Ich bin nur froh, dass Maja nicht auf diese Schrauben getreten ist, als sie auf’s Töpfchen ging. Von jetzt an werden wir erstmal die Dosen der Campingplätze inspezieren bevor wir einstecken.

Dafür ist es am Dienstag nicht weit bis in die hoch angeprisene „windy city“ Essaouira. Der Wind hat sich nicht beruhigt, dafür aber wir. Es ist mal wieder ein sonniger, angenehmer Tag und entspannt mit Kinderwagen und Trage lassen wir uns erstmal zum Fischmarkt treiben. Essaouira ist ein berühmtes Surfer-Städtchen und bekannt für seinen kleinen Fischerhafen, die tollen Fischbuden, die kleine Werft und die Altstadt mit ihren weiß-blauen andalusischen Häusern ist UNESCO Weltkulturerbe. Weiterhin bekannt wurde Essaouira durch seine lebhafte Künstler- und Musikszene der Hippiezeit. Selbst Bob Marley, Jimi Hendrix und Co. Ließen sich hier oft blicken und abseits der Stadt hat sich ein kleines Hippiedörfchen erhalten. Da wir zwei Tage vor dem weltweit bekannte Gnoua-Festival auftauchen, treffen wir auf ne Menge alternativ angehauchte Touris und sonnenverbrannte Surfer-Freaks, die in Minikleidchen und Spaghetti-Top durch die Gassen flanieren. Essaouira hat zumindest an seinem kleinen Hafen unglaublich viel Charme erhalten trotz der vielen „Wessis“ zu denen wir ja auch gehören. Ausnahmsweise etwas ungehaltener, wimmeln wir die permanenten Verkäufer von echten Gucci-Brillen und Rolex-Uhren ab und lassen die Möwen um unsere Köpfe kreisen. An der weißen, buntbemalten Hafenmauer prallt das Meer gegen die naheliegenden Felsen. Ein paar Fischer sind soeben mit einer frischen Ladung angekommen und vor Ort werden die Tiere nicht nur aussortiert auch schon halbwegs enthäutet und ausgenommen. Hmm, ein Leckerbissen für den Einen, ein übler Geruch für den Anderen. Allerdings frischer Fisch stinkt gar nicht so schlimm. Wir haben uns schnell dran gewöhnt, nur Maja wird anfangs etwas wild in ihrem Kinderwagen. Sie schlägt sich diesmal nicht den Wind weg, sondern versucht schimpfend den Geruch aus der Nase zu schlagen. Und dann kommen wir am Fischmarkt an. Wir treten durch ein Tor und können uns nicht sattsehen an den hunderten von blauen Barken und vernetzten Fischerbooten. Man weiß gar nicht wo ein Schiff aufhört udn wo eins anfängt, sie schwimmen quasi alle auf einem Haufen im Wasser. Alles alte Boote, im wasser am Wasser auf den Quais, überall. Genauso viele Möwen gibt es auch. Überall, was zusammen mit den lauten,arabischen Fischmarktverhandlungen und dem Meeresbrausen eine eindrucksvolle Geräuschkulisse ergibt. Der Fischmarkt ist nichts für schwache Mägen oder Fischunliebhaber. Selbst wir sind zwiegespalten zwischen Faszination, Mitleid und Geruchserlebnis. Ich überlege, während ich die kleinen Tische oder Schubkarren unter den armseeligen Sonnenschirmen neugierig beäuge, ob ich nicht doch Vegetarier werde. In den chaotischen, da nicht extra füf Touristen hergerichtete, Auslagen befinden sich wunderschöne Meerestiere aller Arten. Kleine Fische, große Fishce, silbendschimmernde 1 Meter-lange Fische, dicke, regenbogenfarbende kurze Fische, Fische mit großen Augen, Fische mit kleinen Zähnen, wunderschöne braungestreifte Aale, kleine Rochen, 2-Hand-große Krebse, die noch leben und in der Kiste austrocknen, Teufelsfische, Unterarmgroße dicke knollige Fische, kleine Haie, Langusten, Shrimps und weiterhin Fische Fische Fische auf großen und kleinen Tischen, in Eimern, in Kartons,in Karren in Holzkisten, gerade gefangen, schon ausgenommen oder unterm Messer. Wieder am großen Platz angekommen udn zeitlich somit etwas Erholungszeit von den lieben Fischeindrücken, wollen wir dann doch den Fisch probieren. Es startet ein Spießrutenlauf, da jeder der Budenbesitzer uns eine Karte in die Hand drückt udn vollquatscht mit „best price“ und „bestfish“ dann doch zugibt „everwhere the same, so ou can sit here“ nachdem wir das Spiel über sechs Buden mitgemacht ahben udn uns die nächsten Besitzer schon von weitem zuwinken, kehern wir zum Ersten zurück, weil er usn ziemlich lustig mit seinen deutschen Schuhen unterhalten hat. Leider unterhält er uns auch mit noch lebenden Hummer und ich hab so viel Mitleid wieder mit den Tieren, die bei den Buden auf den Tischen wunderschön aufgereiht sind, dass ich fast nichts aussuchen kann. Doch wir bleiben Barbaren und entscheiden uns für Barsch, kleine Tintenfische und Shrimps, die noch im Körbchen rumwuseln. Ich bin ja auch nicht naiv und weiß, dass jedes Fleisch aus der Theke auch irgendwann mal gelebt hat, nicht auf Bäumen wächst und ich ihm Gottseidank nicht immer in die Augen schauen muss. Um den Fleischkonsum auf der Welt runterzuschrauben, müsste man nur immer ein Foto des Tieres mit auf die Packung kleben, wie es dich lieb anschaut. Und glaubt mir, auch ein Shrimp kann da plötzlich lieb aus dem Körbchen schauen. Wir unterdrücken unsere kleine sentimentale Phase und lassen uns die Meerestiere schmecken. Auch Susanna mümmelt genüßlich die leckeren Shrimps und Maja unterhält alle mit ihren kreativen Tänzchen, Liedern und Gedichten und mümmelt lieber Fladenbrot.

Der zweite Teil des Tages in Essaouira ist dann weniger spektakulär, da wir kaum was von dem Weltkulturerbe erkennen können, denn die Medina ist vollgestopft mit Souvenirläden aller Art. Wir erstehen unser erstes, kostbares Arganöl, verlaufen uns und fallen dann doch irgendwann in die kleinen Silberschmuckläden ein. Auch neue Aufkleber fürs Auto müssen her, da wir leider leider leider die aus Zagora verloren haben, wie so vieles hier einfach im, um oder unterm Bus verschwindet. Wir fahren nur 20 Kilometer weiter Richtung Marakesh und finden in Ounara tatsächlich einen kleinen schattigen Campinplatz mit einem tollen Spielplatz. Ihm und Maja zu Ehren und mittlerweile auch der karussel- und rutschbegeisterten Susanna bleiben wir einen weiteren Tag mit angenehmen 25°, Sonne, marokkanischen Tee, frischgepressten Orangensaft Nudeln und Tomatensalat mit dem nussigen, furchtbar leckeren Arganöl.

Nach so viel Erholung, kühler Brise, Meeresluft, abgekühlten Nächten, gutem Essen und gesundeten Dasein sind wir bereit für den letzten Teil Marokkos. Die nächste Etappe geht ins heiße Marakesch und Casablanca. Und was halt noch so dazwischen liegt.

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Die Autorin

Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri

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