8) Immer noch da.

Es war einmal vor vielen vielen Monaten, da träumten wir noch ungeahnt all der Arbeit die da noch kommen würde von Marokko. Großzügig räumten wir ein, dass wir ja im Juni den Bus fertig haben wollten, um ihn für ein paar Testfahrten am Wochenende auf die Reiseprobe zu stellen. Der Juli sollte ganz im Rahmen der Hochzeit und Familie stehen, und am 25. Juli ginge es dann los: ab in die Flitterwochen für 11 Wochen.

Heute schreiben wir den 4. August und der Bus steht noch in unserer “Garage”. Halblackiert, ohne Reifen, teilweise ohne Fenster, ohne Sitze, ohne Inneneinrichtung. Kurz: ohne jegliche Anzeichen einer kurz bevorstehenden Reise. Jedoch voller Anzeichen von Abenteuer. Aber der Traum ist noch nicht ausgeträumt. Noch ist alles drin, unser neuer Abfahrtplan: 15. August. Ziel: Süden, Sonne, Alpen, Pyrenäen, Marokko. Ach quatsch, was red ich da! Tatsächliches Ziel: Reisen, Zeit haben, Natur, Busleben, Familienzeit zu Dritt!

Und wenn der Bus wirklich wirklich wirklich mal fertig ist, haben wir den besten Bus der Welt und garantiert ohne Rost, ohne Dullen, ohne Dreck. Quasi alles wie neu. Wir werden höllisch aufpassen müssen, dass man uns den nicht unterm Hintern wegklaut. Aus diesem Grunde lackiert der Matthias extra so, dass man ein paar Pinselstriche sieht und lässt ein paar Fliegen in den frischen Lack fliegen. Auch der Birkenbaum darf sich mit seinen Pollen im Lack verewigen. Die eigentliche Windschutzscheibe gefiel Matthias wohl auch nicht, deswegen entschied er sich doch noch beim allerletzten Schlag des kniffligen Einbaus diese kaputt zu kriegen. Ich vergesse nie den Satz, den er damals beim Ausbau erwähnte: “Alles, wirklich alles darf passieren, nur die Windschutzscheibe darf nicht kaputt gehen, denn das wird teuer!”

Also musste schnell eine Neue her, man errät es kaum: bei Ebay. Unverschämterweise gab es tatsächlich eine dieser seltenen Exemplare nur ein paar Kilometer entfernt von hier. Matthias war versöhnt und schlug zu (nein, nicht auf die Scheibe!). Abgeholt, ausgepackt: Mist, das ist die Falsche! Doch wie es das Schicksal mit uns will, der gleiche Verkäufer hatte noch eine zweite Scheibe für uns. Umgetauscht, ausgepackt… “Juchuuh, Miriam, das ist die Richtige, komm lass uns die mal schnell innerhalb fünf Minuten einbauen!” Aus den fünf Minuten wurde eine verpasste EM-Halbzeit (Deutschland: Italien) und ein uneinsichtiger Ehemann. Am nächsten Tag nach einer weiteren Stunde Windschutzscheibenaktionen blieb meinem Matthias nichts anderes mehr übrig als meinen ewigen Vorschlag doch mal zu versuchen. Obwohl der, wie er sagt, natürlich überhaupt nichts bringen wird… Tatsächlich! Man braucht nur 5 Minuten zum Einbauen einer Windschutzscheibe!

Vor ein paar Wochen kam dann ein großer Moment. Der Bus wurde umgedreht. Natürlich nicht auf’s Dach sondern: Rausfahren, bestaunen, “mal schnell” die Schiebetür einbauen (da wir aber Sorgen hatten, dass die perfekt, restaurierte Tür nicht zum unfertigen Bus passt, liessen wir sie mal kurz auf die Ecke fallen), sich Zeit nehmen zum weiteren Bestaunen und Fotografieren und letztendlich hektisch vorm Platzregen zu fliehen und den Bus schnell irgendwie wieder in die Enge der Garage zu zwängen.

Und hier mal ein großer, stolzer Jubel mit einer Siegesfaust: der Bus stand einen ganzen Winter lang, draußen in Kälte und Feuchtigkeit und der alte Motor springt ohne Mucken sofort an – Na? Welches Gefährt kann das von sich behaupten? Vielleicht ein Holzschlitten oder ein Bobbycar! Selbst ein Fahrrad braucht mehr Zuspruch!

Nun ist es 23 Uhr und Matthias fällt fix und fertig von seiner Rostumwandlung in die Dusche und danach zu mir nach Olympia. Mit Schreiben ist heut Schluss, denn mit einem Ohr und einem Auge verstehe ich entweder seine Späße nicht oder mir geht mein Schreib(un)sinn abhanden.