11) Donaudelta 1

Huhuu! Hier spricht euer Universum, und ich bitte euch vielmals um Entschuldigung. Ich habe alles versucht um in diesem Land euch einen entspannten, geruhsamen, planmäßigen Glückstag zu verschaffen und später werdet ihr vielleicht merken, dass dieser Tag auch tatsächlich euer ruhigster Tag ohne viel Herausforderungen war. Aber dieses rumänische Volk ist schwer zu bändigen, selbst ich als Universum habe es nicht unter Kontrolle, denn immer schaffen sie es, meine Fäden zu kappen, die ich glaubte in der Hand zu haben, und ihre eigenen Dummheiten durch zu boxen. Nehmt es einfach als Chance daraus zu lernen, wenn ihr später in Situationen kommt, an dem selbst der einfachste Plan nicht zu klappen scheint.
Schon früh ließen wir uns von Sonne und frischer Luft wecken und betrachteten noch eine halbe Ewigkeit, den Ring an meiner Hand. Heut konnte nichts schief gehen, denn wir hatten nur vor bei schönstem Wetter mit dem Bötchen zu den Urwäldern von Caroarman gebracht zu werden, um dort ein wenig durch die Bäume zu spazieren. Nach dem Mittagessen wollten wir einfach nur den Tag mit Lesen und Nichtstun verbringen. Das Donaudelta versprüht einen  eigenen Zauber. Die ganze Nacht über wurden wir vom Quaken der Frösche in den Schlaf begleitet und die Namen der Orte erinnern an die Welt von „Herr der Ringe“: Letea, Lacul Isac, Caroarman… Unser lustiger Koch, der den Matthias immer „mai frriend“ nennt, beglückte uns mit einem leckeren Frühstück und danach sollte es losgehen zu den Urwäldern im Donaudelta. Der Patron, ein älterer, gemütlicher, runder Geselle schnippte mit dem Finger und rief einen seiner Lakaien herbei, der uns durch das Delta führen sollte.
Wir bestiegen eine kleine motorbetriebene Nussschale und nahmen in der ersten Reihe Platz. Nicht schwer bei dem Kahn, der gerad mal knapp über die Wasseroberfläche schaute. Die Fahrt ging durch kleine Seitenkanäle von Seitenkanälen von Seitenkanälen durch Schilflandschaften und Baumalleen, die bis ins Wasser reichten. So schnell konnten wir gar nicht hin und her gucken, wie die Vogelwelt vor unserem kleinen Bötchen erwachte und wir sahen Enten, Reiher, Falken, Haubentaucher, Kormorane, Schwäne, eine Wasserschlange und sogar den hier berühmten, einzigartigen weißen Pelikan, dessen kräftiger Körper vom Schnabel bis zum Schwänzchen mindestens einen Meter misst und eine Flügelspannweite von bestimmt über zwei Metern hat. Wir kamen auf einen See und damit begann das kleine Abenteuer. Wir umrundeten einmal den See, doch durch den aufkommenden Wind reichten trotz  Sonne nicht mehr die vier Jacken und Decken aus, die ich mir umgeschlungen hatte, und ich fror ordentlich. Die zweite Hälfte der Umrundung mussten wir von einer Welle zur nächsten bewältigen und unsere kleine Schale hüpfte ganz schön auf und ab. Doch unser schweigende Käpt’n hatte alles im Griff und wir kamen unversehrt, Matthias etwas nass, zurück auf einen Kanal.
Nach kurzer Zeit drehte unser Guide einfach um. Wir erkundigten uns verwundert, ob wir nach Caroarman unterwegs wären und er nickte heftig. Wir fuhren den meisten Teil der Fahrt den gesamten Weg wieder zurück. Nun gut, wir hatten zwar einfach nur zu den Wäldern gewollt und der lange Abstecher zum See war ja wirklich schön, wenn auch etwas kalt. Wir fuhren auf einen größeren Arm weiter und es wurde immer windiger. Nach mittlerweile drei Stunden fanden wir auch keine gemütliche Platzierung mehr unserer durch Autofahren sowiso schon stark beanspruchten Sitzflächen. Die kleine Purzeline im Bauch hatte dafür eine wahre Freude am Bootfahren und hüpfte freudig auf und ab und hin und her und meine Blase fand das gar nicht mehr toll. Doch neugierig hielten wir Ausschau nach den Wäldern als unser Schiffer ein weiteres Mal umkehrte. Nochmals mussten wir erst umständlich nachfragen und er teilte uns mit „Nu benzina, nu Caroarman“! Wie bitte?!? Die ganze Zeit freuen wir uns wie wild auf diese Wälder durchqueren zwar eine wunderschöne Donaulandschaft, frieren uns den Popo auf dem See ab, um nun kurz vor dem Ziel wegen seiner Kurverei kein Benzin mehr zu haben. Ich dampfte innerlich. Schien ihn aber gar nicht zu jucken. Innerhalb von ner halben Stunde befanden wir uns in unserer Pension wieder, ich stürzte erleichtert auf die Toilette, war aber richtig enttäuscht, und im Enttäuschtsein bin ich ziemlich gut, wenn ich mich auf etwas gefreut habe. Ich verfluchte diesen gleichgültigen Idioten von Schiffer. Die köstliche Mittagssuppe stimmte uns wieder etwas milder, wir versuchten den Koch und dem Patron klarzumachen, was schiefgelaufen war, und sie versprachen uns morgen dann nach Caroarman zu fahren. Und als wir dann noch mitbekamen, wie der Patron, unseren Guide so richtig zur Schnecke machte, fielen wir mit Genugtuung ins Bett und genossen ein Mittagsschläfchen.
Nachmittag und Abend verliefen ganz in Ruhe mit Sonnenbalkon, lesen, spazieren und wieder perfekten Fischessen. Es trafen ein paar weitere Gäste ein, darunter der noch rundere Junior-Patron und sein Kumpel, der etwas deutsch spricht. Schnell wurde auch Matthias sein Frrrreund, noch nichts ahnend wie sehr dieser neue Freund im knallroten Schweiz-Shirt (im Folgenden trägt er den Namen „das Signalsshirt“) uns die nächste Zeit beschäftigen wird. Zunächst erfuhren wir beruhigenderweise von ihm: „Isch sein nicht mer Rumäne, sonder in Deutscheland eingebürgt. Mein Name ist Mario Müller!“ Müller?!? Wie einfallsreich. „Ja, ja weisstu, Matthias. Mit rumänischen Namen isch nisch haben bekommen Kredit in Deutscheland. Dann die misch gefragt, ob isch wollen behalten Namen Müller. Und mit Müller isch haben bekommen Kredit.“ Für morgen bestätigte er uns augenzwinkernd: „Ales gudd! Eh Matthias? Sssum Beispiel du wollen mit Tour spazieren? Ja isch mach das alles klar hier. Weisstu, das hier ist mein sehr gute Frrreund, isch sprechen mit ihm. Caroarman? Keine Prrroblem, mein Freund Matthias, eh? Alles gudd! Und ssum Beispiel: du wollen Fußball gucken? Siehstu alle Bundesliga hier in ganz große Flachbildschirm, hast du gesehn? Morgen, alle Spiele! Gut, eh? Matthias, gut Musik? Ja? Du wollen ein Bier, mein Frrreund? Nein? Schon zu viel, was?“
Die Frösche quakten uns wieder in den Schlaf und wir schlummerten glücklich und entspannt ein.

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Die Autorin

Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri

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