10) Tulcea – Crisan

Kaum zu glauben! Wir sind DORT angekommen, wo wir ankommen wollten, in DER Pension, die wir uns ausgesucht haben bei DEM Wetter, was wir uns gewünscht haben. WIE das alles so gekommen ist, war überraschenderweise wieder ganz anders als wir uns so vorgestellt hatten. Wir dachten, wir informieren uns, wann die Schiffe fahren, und entscheiden uns dann, welchen Donauarm wir als erstes bereisen. So weit so gut, das war schon mal nicht so schwer. Wir stellten alle Fragen, die wir glaubten fragen zu müssen, denn Rumänen rücken erfahrungsgemäß sehr spärlich mit Informationen raus, und entschieden uns somit für die einstündige Fahrt nach Crisan, einem kleinen Fischerdorf, wo wir bis Sonntag bleiben wollten und uns an den zwei Tagen, Donaudelta, Urwald und Wüstendünen anschauen wollten. Im Hotel packten wir unser 4-Tage-Reisegepäck in Matthias’ Rucksack um, und besorgten uns vorsichtshalber nochmal einen Stapel Geld. Dann fing es an:
1. Etappenziel: durch den üblich chaotischen Autoverkehr „mal kurz“ zum bewachten Parkplatz vor’m Hafen. Aber wir fanden keinen Parkplatz, der nach bewacht aussah, überall versuchten Autos irgendwie zu parken und Busse standen kreuz und quer.  Irgendwann parkten wir einfach vor einem der uns nicht würdigen Erste-Klasse-Hotels und fragten, wo diese Parkplätze seien und wo man zahlen muss. Ah ja, alles hier und wir stehen schon richtig. Was?? Wir wollen das Schiff in einer halben Stunde nehmen? Ein hoffnungsloser, zweifelnder Blick der Rezeptionistin wanderte vom Hafen zu uns und wieder zum Boot. Kopfwiegend teilte sie uns mit, dass wir es ja noch versuchen könnten, aber naja… Schulterzucken. Na toll! So langsam hat man echt die Nase voll von diesen rumänischen Unzuverlässigkeiten! Hätte die überschminkte  Info-Dame in Pink uns nicht sagen können, dass man die Tickets vorreservieren muss?!?
2. Etappenziel: Ticket ergattern. Wir spurteten im Schwangerschaftssprint zum Ticketschalter, der auch nicht wirklich so ausgeschildert war, wie die gute Frau an der Rezeption behauptete. Doch ein paar Minuten später hielten wir erleichtert die Tickets in der Hand. Och wir haben ja noch voll viel Zeit, sollen wir wirklich jetzt schon auf’s Schiff? Na gut, Gepäck abladen und dann mal sehen.
3. Etappenziel: Platz auf dem Schiffchen finden und die Fahrt überstehen. Wir betraten das komplett bedachte Boot und schluckten erstmal als wir ganze zwei Schritte vorwärts kamen und uns dann in einer quatschenden, rauchenden Menschenmenge wiederfanden, über Taschen und Koffer stolperten, uns vorbei an Lebensmitteln und kleinen Kisten mit fiepsenden Küken quetschten und siegreich einen halben Sitzplatz ergatterten zwischen Eierpaletten, Rüben, Möhren, Zwiebeln, Äpfeln, Birnen und Maissäcken und einem Haufen Gepäckstücke. Immerhin direkt neben dem anderen Ausgang, fast draußen, so dass uns die ewig rauchenden Rumänen nicht ganz zuqualmen konnten. Nein, die Fahrt dauerte natürlich nicht die angekündigte Stunde, sondern drei Stunden, aber wir waren voll und ganz mit Menschen beobachten beschäftigt, so dass uns der laute Motor an unserer Seite und die sich andauernd durchquetschenden Passagiere wenig störten.
4. Etappenziel: zwei Packesel erreichen die Pension. Wir erkundigten uns, wann wir eigentlich raus müssen, denn nicht immer war das Haltestellenschild beschriftet. Doch wir erwischten die richtige Station und waren erleichtert das Boot endlich zu verlassen. Unser Reiseführer pries die 4-Sterne-Pension Ovidiu in den höchsten Tönen an und sie ist auch nur 200m vom Steg nach links entfernt. Die Beschilderung zeigte unbeeindruckt nach rechts so machten wir uns auf den Weg. Wir hatten uns schon seit so langer Zeit Sonne gewünscht, doch nun schaffte sie uns ziemlich, vor allem weil Matthias alles Gepäck schleppte und ich gerade noch die Wasserflasche und Matthias’ Hut tragen konnte. Wir fanden auf den ersten 500 Metern heraus, dass der Ort aus genau einem sandigem Weg am Wasser entlang besteht, an der sich kleine Häuschen mit Obstbaumgärten reihten. Wir fragten eine Frau nach der Pension und sie nickte und schickte uns den sonnigen Weg weiter. Nach 700 Metern fragten wir die nächste Frau und auch diese machte heftige Handbewegungen die Straße entlang, das war glaube ich der Moment, wo mein Geduldsfaden riss  und ich schimpfend wie ein Rohrspatz ein paar Tränen verdrückte. Bei Kilometer 1 sprach uns dann ein Mann an, ob wir in seiner Ruinenpension übernachten wollten, denn unsere Pension läge noch einen weiteren Kilometer weiter. Uff, wir schlugen sein Angebot ab und machten uns verzweifelt auf den Rückweg in der Hoffnung ins Hotel Sunrise, einzuchecken, denn wer weiß schon ob die Pension bei Kilometer 2 überhaupt geöffnet hat. Wir beide hatten jeder seine Last zu tragen, Matthias schwitzte unter dem ganzen Gepäck und mein Bäuchlein wurde bei jedem Schritt schwerer. Auf halber Strecke gaben wir auf und setzten uns, typisch rumänisch, ausgelaugt auf ein schattiges Bänkchen und riefen das Hotel an. Nein, kein Zimmer mehr frei außerdem 11 Kilometer vom Steg entfernt. Dann doch diese verfluchte Pension! Mit einem brockenhaften Mix aus rumänisch und deutsch hofften wir, dass wir nun alles richtig verstanden und geregelt hatten, vor allem, dass der am anderen Ende der Leitung alles richtig verstanden hatte. Wir gingen zurück zum Steg und warteten und warteten und warteten, dass uns jemand mit dem Boot abholte. Tatsächlich wurden wir mit einem kleinen Kahn etwa zwei Kilometer den Kanal zurück (also tatsächlich nach rechts) zur Pension geschippert, wo wir für drei Nächte ein Zimmer mit Vollpension buchen konnten. Ziel erreicht! Da wussten wir nur noch nicht was und wen wir alles mit gebucht hatten.
Zum Beispiel den Koch, und der war einmalig. Nicht nur als Koch auch als immer fröhlicher, strahlender Mensch (das als Rumäne!!!), der uns am Abend erstmal seine Kunst bewies und uns mit wirklich gutem Donaufisch beglückte. Boah, war der lecker! Wir freuten uns auf unser Zimmer, denn der Balkon versprach eine wunderschöne Aussicht auf den Donaukanal mit Sonnenuntergang. Entlang dem Kanal liegt wie wir mittlerweile wissen eine insgesamt fünf Kilometer lange Häuschen-Gärtchen-Häuschen-Meile und dahinter befinden sich immer wieder Anteile von Sumpfgebiet, Seen und Wiesen auf denen man nicht nur ein paar Kühe umherwandern sieht, sondern sich natürlich Millionen riesiger Moskitos pro Sekunde vermehren (gottseidank ist zurzeit noch Moskitoflaute) und sich deswegen auch tausende von Riesenfröschen wohl fühlen (jedoch keine Froschflaute!). Wir setzten uns auf unseren Balkon, genossen den romantisch kitschigen Sonnenuntergang und lauschten den  tausenden Fröschen bei ihrem abendlichen Konzert.
Wir kuschelten uns glücklich aneinander und waren dankbar die nächsten zwei Tage ganz für uns hier mitten in der Natur zu haben. Es war ein einzigartiger Moment auf dieser Reise. Einer von denen, die man nie vergisst. Und daran hat nicht nur die ganze Naturkulisse dran Schuld, auch Matthias machte diesen Augenblick zu einem der schönsten in meinem Leben… Einige Sekunden später waren wir verlobt. Wir stießen auf unsere Verlobung an und tranken eine ganze Flasche Kakao. So ganz Miri-Matthias-like. Wir genossen dieses neue, glückliche Gefühl bis wir nur noch in den Sternenhimmel schauen konnten und kaum zu glauben war, dass die Welt sich in der Zeit doch normal weitergedreht hatte.

Zur Zeit keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Folgt uns! Hier findet ihr noch mehr Bilder, Abenteuer und Gedanken von uns:

Facebook: https://www.facebook.com/itchyfeetwithkids/

Instagram: itchyfeetwithkids

Unser Landcruiser

Die Autorin

Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri

Und das schreibt ihr!