9) Eforie – Tulcea

Wir sind am Donaudelta angekommen in Tulcea. Von hier aus starten Boote in die drei Donauarme Richtung Schwarzes  Meer und wir würden gerne morgen die erste Tour starten (man bemerke die Formulierung: statt „wir planen“ oder noch überzeugter „wir starten“, schreibe ich vorsichtshalber „wir würden gerne“ oder „wir möchten“…). Leider kamen wir heute 15 Minuten zu spät am Infocenter an, so dass wir nun nicht ganz genau wissen, wohin die Fahrt geht, wann und wie lange. Die 15 Minuten ist nur die langsame Kassiererin im Real Schuld, in dessen Einkaufsmall wir (Matthias, ich und Maja) uns mal wieder mit rumänischen Klamotten und Kakao eindeckten und ein köstliches Mittagsmahl mit allen möglichen Landesspezialitäten für insgesamt vier Euro leisteten, was wir gemütlich auf dem Riesenparkplatz im Auto verzehrten. Nun gut, das Mittagsmahl hat auch schuldige 15 Minuten gedauert.
Wir drei waren ziemlich entspannt, vor allem Maja machte kaum einen Mucks am heutigen Tag, denn wir hatten ja ein Date mit dem Spa-Center gehabt. Als absolute Outdoor-Freaks kamen wir uns schon ein wenig fremd vor in der Wellness-Welt. In blaue Bademäntel gehüllt wurden wir jeder in ein separates Zimmer geführt, wo uns ein Bad eingelassen wurde. Matthias durfte in den stinkigen, heißen Schwefelschlamm eintauchen, der gut für die Haut und Entspannung sei. Ich bekam ein Pflanzenbad mit besonderen Extrakten für Frauen und ebenfalls zur Entspannung. Der Salzgehalt war so hoch, dass ich mir vorkam wie unsere Kleine im Bäuchlein und schwerelos in der Wanne schwebte. Nach 20 Minuten verließ ich wieder das Bad und diesmal hatte Matthias gekonnt eine Schlammspur hinterlassen quer durchs gesamte sauber weiß geflieste Spa, der ich nur zu folgen brauchte.
Wie schon erwähnt ist nicht nur Matthias ein Könner der Vergesslichkeit, da sind wir beide wahre Meister drin. So war kurzfristig bei mir alle Entspannung weg, als ich merkte, dass ich den Spind nicht abgeschlossen hatte. Ich durchwühlte meine Tasche, doch mein Geldbeutel inklusive, Perso und Visa waren nicht da. Mit Herzklopfen eilte ich zum Auto, und gottseidank hatte ich einfach dass Portemonaie im Auto vergessen. Doch hatten wir ja zwei Stunden Autofahrt vor uns, auf der ich mir die Entspannung wieder zurückholen konnte.
Vorbei an weiten Felder, begrasten Hügeln und trockener Erde fuhren wir Richtung Tulcea. Wir sind bis jetzt noch so relaxed von unseren Bädern, dass wir wahrscheinlich gleich einfach müde ins Bett fallen. Zunächst landeten wir jedoch in dem sonnigen, belebten Städtchen an der Hafenpromenade, wo wir ein paar Stunden herumspazierten und Schokocrepes und frittierte Brezeln naschten. Mittlerweile ist uns klar geworden, dass außerhalb der Saison eigentlich niemand in Rumänien Urlaub macht. Deswegen sind auch die Hälfte der Unterkünfte, Restaurants und andere Läden geschlossen oder in Renovierung und jegliche Infos unseres Reiseführers über Exkursionen und Abfahrtszeiten etwas unzuverlässig. Immer wieder schlagen einige bis alle Pläne fehl und wir lernen uns den Gegebenheiten sowie dem Wetter anzupassen.
Die Menschen hier sind manchmal recht eigenartig. Selten wird man mit einem Lächeln begrüßt, wenn denn überhaupt „Hallo“ gesagt wird. Was nicht bedeutet, dass die Leute hier unfreundlich sind. Ganz im Gegenteil, wir haben schon viele hilfsbereite und freundliche Menschen kennengelernt, die sich sogar oft entschuldigen, dass sie kein Englisch sprechen und wir denen zehnmal versichern, dass wir noch weniger Rumänisch können. Jedoch auf dem ersten Blick haben fast alle ein verschlossenes, skeptisches bis hin zu schlecht gelauntes Gesicht und beobachten einen gerne aus den Augenwinkeln. Vielleicht die Verhaltensweisen eines ehemals kommunistischen Landes, wo Offenheit und Vertrauen nicht unbedingt förderlich war. Matthias hat auch schon aufgegeben seine scherzhaften Sprüche bei den Rumänen anzuwenden, da die einfach alles sehr ernst nehmen. Die meisten Leute hier sehen alt aus, wobei wir nicht einschätzen können, ob sie nur so alt und wettergegerbt aussehen durch die ganze Arbeit draußen oder ob sie wirklich so alt sind, aber dafür noch ziemlich fit und mobil von dem Leben an der frischen Luft. Denn hier fährt jeder jeden Alters noch Fahrrad und arbeitet fleißig auf Feld und Wiese, im oder am Haus.
Heute haben wir nochmal die Erfahrung machen müssen nicht direkt die erste Unterkunft zu bekommen, die wir uns heraus gesucht haben. Und wir mussten zum ersten Mal einlenken, dass wir doch nicht zur höheren Klassengesellschaft der Reisenden gehören, die sich mal eben ein Hafenhotel an der Donau leisten können (Hallo?! 90 Euro für ein Zimmer!). Und so müssen wir in zweiter Reihe übernachten mit Blick auf die überteuerten Hotels, aber hoch über den Dächern der Stadt mit Sonnenuntergang und dennoch irgendwie Sicht auf die Donau.
Unser Auspackritual wird immer routinierter:
1.    Gang: Rezeptionistin suchen, Hotelzimmer anschauen, Warmwasser ausprobieren, Blick aus Fenster/ Balkon, Miri rennt aufs Klo
2.    Gang: Matthias = erster Koffer, drei Tüten, kleiner Rucksack, Wasser- oder Orangensaft und Kleinkram
Miri = Handtasche, zwei große Kissen für die Schwangere, ein großes Kissen für den Papa
3.    Gang: Miri = plumpst inklusive drei Kissen ins Bett und bleibt liegen, oder je nach Länge des Fußweges und Tagesstimmung, nochmal je eine Tüte in der Hand
Matthias: Jacken und Zeug vom Rücksitz in den Kofferraum räumen, zweiter Koffer, Kühltasche
4.    Gang: Matthias = das was wir vergessen haben
5.    Gang: Matthias = das was wir nicht mitnehmen wollten, aber doch noch brauchen
Und trotzdem (oder deswegen?) turnt Matthias fleißig sein Pilates Rücken- und Schulterprogramm!

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Die Autorin

Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri

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