2) Deutschland – Ungarn – Arad – Deva

Wie Matthias schon sagte: zu Beginn einer Reise stellt man sich zunächst erstmal sehr blöd an. Jegliche jemals erworbene Reiseerfahrungen sind weit weg und das entspannte Reisegefühl hat sich noch nicht eingestellt.
Der erste Urlauberfolg begann schon gestern als wir nach ganzen 12 Stunden Autofahrt von einer gemütlichen Pension  Nahe Regensburg aus und eine weitere Stunde Kurverei in einer ungarischen Kleinstadt auf der Suche nach einer Unterkunft um etwa 22 Uhr in einem der Hotels auf ein paar Deutsche trafen, die bestätigten, dass alle Hotels und Pensionen besiedelt seien mit deutschen Daimler-Benz-Arbeitern, da in der Nähe ein neues Werk aufgemacht hätte. Im nächsten Kaff fanden wir gottseidank ein gemütliches Hotelzimmer, auch wenn es unsere Preisvorstellung etwas überstieg. Unsere Erfolgsquote konnten wir heute noch erhöhen, als wir bei der zickigen 10cm-Absatzklapperschuh-Blondinen-Kellnerin unser hochgepriesenes Weißbrot-Frühstück erkämpften, da sie uns vor lauter Beschäftigungen (wir waren die einzigen Frühstücksgäste) und schlechter Laune eher mal nicht bedienen wollte. Unser neues Navi führte uns dann selbstlos durch ne komische ungarische Stadt bis wir plötzlich mit den Vorderreifen am Fluss standen: „Fahren Sie auf die Fähre und steigen Sie aus!“ Guter Tipp. Ein klappriges Floß kam uns entgegen und ein uriger Ungare teilte uns mit, dass es in 20 Minuten weitergeht. Etwa ne halbe Stunde später kurvten wir in komplizierten Lenkmanövern auf die Floßbretter. Unerschrocken schlugen wir uns über den Fluss und freuten uns unserer erste Schlaglochstraße zu fahren. Juchuh Abenteuer, wir kommen!

Das Nüvi ist auf jeden Fall Abenteurer Nummer Vier! Es führt uns durch Dörfer und über Strecken, die wir selber uns niemals als Route zugetraut hätten. Zu Viert erreichten wir also endlich in einer endlosen LKW Kolonne über tief durchfurchte Straßen die Grenze. Endlich Rumänien!  Wir fahren und fahren immer der Nase des Nüvis nach und sind schon voll aufgeregt, was uns wohl noch auf den nächsten 38 Kilometern erwartet, denn das Navi sagte uns, dass wir erst um 14h30 unser Ziel erreichen werden: Arad. Und es war erst 13 Uhr. Also nach ersten Berechnungen machen das anderthalb Stunden für knapp 40 Kilometer! Boah, was da wohl noch kommt!!! Wir stellten uns schon seit gestern die größten Abenteuer vor, wieso wir wohl 4 Stunden für 170km brauchen werden. Als die Spannung auf dem Höhepunkt war, stellte sich heraus, dass das Abenteuer darin bestand, dass wir schon vor einiger Zeit eine andere Zeitzone betreten hatten, und wir seit einem Tag eine Stunde zuviel dazurechnen…

Unser nächster großer Erfolg bestand darin uns etwa 30 Minuten durch die absolut klischee-osteuropäische, heruntergekommene Plattenbauvorstadt von Arad zukämpfen und einen ersten Geschmack von rumänischen Verkehrsmanövern zu bekommen. Danach parkten wir nach einer dreifachen Umrundung des Mittelstreifens einfach irgendwo und versuchten eine weitere halbe Stunde ein Ticket aus dem Parkautomaten zu bekommen, der nur 50-Bani-Münzen nimmt, die anscheinend hier keiner besitzt, wir erst recht noch nicht,  und uns auch keiner versteht, als wir bei Passanten und Geschäften Geld wechseln wollen. Gut, das haben wir kapiert: wir können wirklich kein Wort rumänisch. Sollte man besser ändern. Wir fanden nach weiteren zweimal im rumänischen Stadtverkehr um den Block fahren ein Parkplatz vor einem Hotel und erkundeten endlich die Innenstadt. Auf dem bunten Markt wollten wir dann unsere ersten rumänischen Worte anwenden, und suchten uns eine leichte Aufgabe dafür: am Büdchen eine große Flasche Wasser kaufen. Nach einiger Zeit hatten wir die Worte „ein= una“ „Wasser=apa“ und „groß=mare(?)“ aus dem unlogischsten Kauderwelsch-Wörterbuch der Welt rausgesucht und probten einige Zeit die Aussprache. Mutig und voller Zuversicht fragte ich dann nach „Una apü?“ Klappte natürlich gar nicht. Nach verständnislosen Blicken und weiteren Aussprechversuchen hielten wir dann irgendwann stolz die Flasche Wasser ohne Gas in den Händen. Gottseidank verstand die gute Frau auch Latein-Spanisch-Englisch.
Erschöpft fielen wir in ein rumänisches Restaurant ein, aßen wirklich gut und preiswert, und beschlossen doch noch weiter bis nach Deva zu fahren. Sind ja nur 2,5 Stunden (ja, die Uhr ist mittlerweile umgestellt!). Na klar! Ohne LKW-Stau bestimmt! Und ohne LKWs die einen verrückt hinten drauf fahren, überholen, um dann wieder überholt zu werden. Und ohne den Oberidiotenüberholer, der einen plötzlich ziemlich gefährlich entgegen raste, wär ich auch mal ne Zeit lang ohne Tränen an diesem Tag ausgekommen. Zurzeit laufen die hormonverrückten Schwangerschaftstränchen aber auch ganz schön schnell drauf los. Aber nicht so schlimm, Matthias kaufte schnell ein paar Rum-Kokos-Kugeln, die wir beide nicht mögen, aber falls man sich mal betrinken möchte oder so…
Die verregnete und diesig, feuchte Naturkulisse änderte sich nach und nach und wir fuhren staunend durch Dörfer, mit „Häusern“ im Zustand unseres Schuppens daheim (und das will schon was heißen), grünen Hügeln und an Hühnern und Gänsen und alten Frauen mit Kopftüchern vorbei. Im Dunkeln kamen wir in Deva an und natürlich kannte unser Nüvi nicht unsere bevorzugte Pension Vila Paradis. Warum auch, wir wollen’s ja nicht zu leicht haben, denn das kann ja jeder!
Also versuchten wir gleichzeitig Schilder in rumänischer Sprache im Dunkeln durch verschwommene, verregnete Scheiben zu erkennen, tiefen Schlaglöchern, in denen man sich verstecken kann, auszuweichen, und die sich hinterlistig unter Pfützen verstecken auf deren Oberfäche sich die millionen Autolichter spiegeln. Sich in weitere LKW Staus einzureihen um immer wieder nach Hotels oder sogenannten Pinguinen („Pensiune“) Ausschau zuhalten, nebenbei sich an die rumänische Fahrweise anzupassen und weiterhin über die verrosteten, grauen Plattenbauhäuser zu staunen. Überraschenderweise erkannte ich tatsächlich ein Schild mit unserer Wunschpension drauf und nach mehrmals im Kreis fahren um immer wieder das Schild vergeblich zu entziffern, entschieden wir uns einfach mal nach unserer eigenen Nase zu fahren, denn dieses Schild ohne weitere Angaben, nur dass es diese Vila in der Stadt Deva gib, existierte in dieser Stadt anscheinend genau nur dieses eine Mal. Also einfach mal solange geradeaus, bis es nicht mehr weiterging und im tiefsten, verregneten, stockdüsteren Nebenstraßendschungel mal irgendwann irgendwie irgendwohin zu fahren und tatsächlich plötzlich vor unserer Pension zu stehen. Na geht doch. Danke, Universum! Aus lauter Dankbarkeit und damit der arme, bepackte Matthias auch unser Zimmer findet, hinterlasse ich eine tiefe Schlammspur quer durchs Hotel bis einmal durchs Zimmer zum Fenster und bis in meinen Strumpf. Hat ja funktioniert! Matthias hat die Fährte aufgenommen, sie von unten aus, unter den Adleraugen der netten Rezeptionistin weg geputzt und ich von oben an weg gebürstet. Und so liegt er nun neben mir, knabbert fröhlich an Keks und Birne und Maja räumt derweil in der Gebärmutter auf. Na, was will man mehr! Alle zweieinhalb Abenteurer sind im neuen Ziel angekommen und Nummer Nüvi-Vier erwartet morgen die große Herausforderung, dass wir Wege fahren werden, die wir uns selber ausgesucht haben und die das Nüvi gar nicht und um nichts in der Welt fahren will egal wie wir es versucht haben auszutricksen. Es bleibt spannend.

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Die Autorin

Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri

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