3.-6.11. Isla Chiloé Chiloé begruesste Matthias und mich mit so viel Wetter wie es gibt auf der Welt: Sonne, Wind, Regen (wat sonst?), Hagel und wieder Sonne. Jetzt versteh ich die Unentschlossenheit der Internet-Wetterseiten. Da das Wetter anscheindend zu viel Auswahl hat und sich nicht entscheiden kann (ist es vielleicht weiblich und heisst “die Wetter”?), hat es uns tatsaechlich die 3 Tage das ganze Programm geliefert. Aber wir sind ja abgehaertet und so hatten wir eine erlebnisreiche Zeit auf Chiloé. Mit unser Luxus-Carosse eines feuerroten Opel Corsa machten wir 2 Tage lang die Insel unsicher.
Chiloé kann man sich vortsellen wie Neuseeland. Wer Neuseeland nicht kennt, der stelle sich Irland, Cornwall oder Schottland vor, angeblich und aus sicherer Quelle auch Ostkanada. Auch wenn ich mir es etwas wilder vorgestellt hatte, sind die Walder undurchdringlich und die Wiesen voller Schafe, Kuehe und Apfelbaeume. Die Haeuser der “Staedte” bestehen von oben bis unten von rechts nach links und einmal im Uhrzeiger ums Haus herum aus Holzschindeln und selbst die Kirchen sind so gebaut. Kommt man an die Kueste, zum Beispiel Castro, dann sieht man diese gebastelten Gebaeude auch noch zusaetzlich auf Pfaehlen, was ja am, bzw. im Meer noch Sinn macht, aber auf dem huegeligen Land konnten wir keine Erklaerung dafuer finden. Auf der Insel sind eigentlich alle Laeden und Restaurant geschlossen, oder sehen geschlossen aus, sind dann doch offen, aber keiner drin. Nachdem wir von Ancud aus losgefahren waren, folgten wir den Empfehlungen unseres schweizerischen Hostelvaters. Zumindest taten wir unser Bestes, denn die Karte war wieder aeusserst unzuverlaessig, genauso wie die Beschilderungen und unser hochentwickelter Orientierungssinn. Zunaechst fuehrte es uns zu einer kleinen Insel auf der die Haeuser noch improvisierter zusammengehaemmert waren und der Kaffee so schmeckte wie die Haueser aussahen, erbaermlich und unansehlich. Doch diese kleinen Doerfchen strahlen durch ihren chaotische Zusammensetzung einen gemuetlichen Charme aus, auch weil ueberall Kuehe, Pferde, Huehner und mal wieder Hunde rumlaufen. Mittlerweile gehoere ich tatsaechlich zu den groessten Hundeliebhabern auf der Welt und weiss schon nicht mehr wie man eine Katze streichelt. Wir kamen nachmittags bei unserem naechsten Domizil an und es haute uns wirklich aus den Socken. Bisher mein absolutes Favorit an Behausung was ich auf meiner Reise hatte. Zu zweit kann man sich leichter ein DZ leisten (nein, mit getrennten Betten!, nicht was ihr denkt), was den ungehoerigen Luxus eines eigenen Bads mit sich bringt. Das Hostel war ebenfalls eines der Pfahlbauten direkt an der Bucht von Castro. Es bestand komplett aus hellem Holz und innendrin war eine wundervolle Einrichtung, wo wir samt der anderen Hostelbewohner abends noch am Kamin alle eine gemuetliche Lesestunde genossen. Das hatten wir auch noetig, denn unsere Baeuche waren rund und dick. Wir waren nachmittags nach dem doofen Kunsthaendlermarkt, die es hier alle naselang gibt und die immer so doofe Sachen haben und ich kein Platz mehr im Rucksack, in ein einsames Restaurant gefluechtet, da es wieder in Stroemen regnete. Noch kurz eine spannende Such-Einlage von mir, die ihre Fototasche samt voller Speicherkarten im Dreck verlor (und wiederfand und wir herausfanden, dass Matthias und ich zu den gleichen Talenten neigen) und wir bestellten erstmal das hier typische Essen bestellen, ohne wirklich zu wissen was das genau ist. Prompt stand ein paar Minuten spaeter je eine riesige Holzschale vor uns und vor lauter Riesenmuscheln sah man nicht das darunter versteckte, grobe Fleisch, Wuerste, Kartoffeln, Gefluegel und Knoedel. Es war lecker aber viel und sehr sehr maechtig. Kein Wunder dass wir 10 Stunden lang schliefen.
Am naechsten Tag wurden wir, wie kann es anders sein mit Regen geweckt. Doch daran lassen wir uns schon lang nicht mehr stoeren (zumindest starte ich immer wieder diesen positiven Denkansatz). Also brachen wir auf durch eine bewaldete Landschaften in den Parque National de Chiloé. Waehrend die Ostkueste der Insel viele kleinere Insel vorgelagert hat und das Meer sich somit sehr ruhig verhaelt, ist die Westkueste am Pazifik einfach nur wild. Und da wir auch noch wildes Wetter hatten, war sie wirklich wirklich wild. Allerdings konnten wir das Meer zunaechst nur aus der Ferne betrachten. Der Weg zu der Duene fuehrte vom Aussichtspunkt durch hohes Steppengrass, an Kuehen und Pferden vorbei, durch Wind und Regen. Wir hatten uns in den Kopf gesetzt den Pazifik zu erreichen und so stapften Loewe und Steinbock mutig, zielstrebig und fest entschlossen durch diese Landschft, kletterten ueber und unter Zaeune und versuchten irgendwie die Duene zu erreichen, was uns von dem sumpfigen, wasserreichen Feldern fast davon abhielt. Aber eben nur fast, und schließlich haten wir ja auch den verschneiten Parque Huelhuerque geschafft. Denn es gibt immer einen Weg, auch wenn er uns teilweise komplett durchs Wasser fuehrte, doch wofür erschuf Gott wasserfeste Schuhe? Zumindest Matthias Seine. Nach diesem kleinen Abenteuer stapften wir noch durch den vermoosten, verdschungelten Wald des Parks. Zur Belohnung gab’s trockene Socken und Hosen, Leckereien aus der Chokolateria, Empañadas und Pommes mit Ketchup im Auto mit Meeresblick! Wir kehrten wieder zu unserem ersten Hostel in Ancud zurueck, und stachen sofort wieder in See bzw. zur See. Diesmal wollten wir zur abendlichen Daemmerstunde noch einen Blick auf die dort ansaessige Magellan-Pinguine werfen. Stattdessen wurden wir von dem Anblick der zerkluefteten Kueste und den naheliegenden Felsinseln erschlagen und meine Kamera schaffte 100 Fotos in der Stunde mit 2 Filmchen als Bonus. In der Luft und auf den naheligenden Felsinseln kreischte und fiepte es, und tatsaechlich konnten wir in der Ferne auch ein paar Magellanpinguine beobachten.
Am naechsten Tag hiess es dann Adieu. Adieu Chiloé! Adieu Bayern! Matthias nahm das Schiff Richtung Patagonien und ich traute mich nicht spontan dazuzustechen! Adieu Chile! Adieu meine letzten Pesos (oh, nein! warum muss denn in Puerto Montt auch schon wieder ein Markt sein!)! Ich verbrachte noch eine Nacht in Puerto Montt in einem heruntergekommenen 4 qm Zimmer, wo ein Quitschebett reinpasst und meine 2 Rucksaecke. Genau. Fuer mich war eigentlich kein Platz mehr, so sprang ich immer vom Tuereingang über die Rucksäcke direkt ins Bett. Die Waende waren aus Papier und das Fensterchen ging in einen Schacht. Na denn, aber auch dass muss man mal erleben. Mein Bus geht ja schon morgens um 8h30. So stand ich um 5h45 auf udn wer mal eben kurz nachrechnet versteht schnell, dass jeder andere um 6h45 den Wecker gestellt haette. Keine Ahnung was ich da gerechnet hatte. Ich verweigerte derweil die unansehliche Dusche udn wunderet mich warum mein Fruehstueck noch nicht eine halbe Stunde nach der ausgemachten Uhrzeit auf dem Tisch stand. Ich klopfte den Inhaber aus dem Bett, der unerhoerterweise noch im Pyjama steckte und mir wiederwillig das spaerliche Fruehstueck servierte. Immerhin leistete mir seine Katze Gesellschaft. Oje, es war schon viel zu spaet also spurte ich die 10 Minuten zum Bahnhof warte und warte. Frage nach wo der Bus abfaehrt und oje falscher Terminal! Irgendwie hab ich ein Deja-vue… Am andern Terminal frage ich aufgeregt ob der Bus schon weg sei, was freundlich verneint wurde. Also hinsetzen und warten… Hier in Suedamerika muss man ja immer mit Verspaetung rechnen also wartete ich weiterhin geduldige 20 Minuten bis sich was in meinen Hirnwindungen regte und ich langsam nachrechnete und mal einen Blick auf den kleinen Uhrzeiger warf. Auf einmal wurde aus “völlig gestresst verspätet”, “viel zu früh entspannt”. Solche und aehnliche Herausforderungen habe ich hier tagtaeglich zu bewaeltigen. Staendig werde ich mit irgendwelchen Charakterzuegen von mir konfrontiert, die ich zwar kenn, aber denen ich ich hier intensiver begegne und ich mir auf meiner Reise mit mir selbst auch mir selber immer wieder begegne. Das ist ja ganz nett, so blöd find ich mich ja jetzt nicht, aber ganz schoen anstrengend manchmal mit mir selber. 🙂