25) Eine Woche, drei Sprachen, 2400 Kilometer

Costa del Sol, Blanca, Daurada und Brava. Wir haben sie alle durch und ehrlich gesagt gottseidank hinter uns. Hotelhochburgen, Trabantenstädte, verbaute Küsten, kilometerlange Sonnenschirmmeere, überquillende Sonnenanbeter-Strände voller verbrannter Haut… oh mann, so gar nicht unsere Welt! Nach Marokko eine ziemliche Umstellung. Ein Hypermarkt nach dem anderen, schwindelerregnde Mautgebühren (etwa 10 Euro pro 100km), ruhige Autobahnfahrten, Schinken, Aioli, Baguette, Spielplätze („extra für die Maja!“) und keine universums-bewegenden Erlebnisse alle Nase lang. Doch nehmen wir unsere eigenen kleinen High- und Lowlights mit und genießen mal eine Zeit ohne große Abenteuer. So verlassen wir schon nach der ersten spanischen Nacht unseren vertrauten Platz in Manilva, kurven durch die Berg- und Felsküste, staunen über das Dunkelblau der Felsbrandung und stöhnen über die Ketten und Bauten, die in jeglichem Panorama stören. Schon kurz hinter Malaga ist unsere Fahrt schon wieder vorbei und wir bekommen, wie vom Universum gewünscht, ein schattiges Plätzchen unter einer Zeltplane bei Torres del Mar, wo Maja zum ersten Mal von sich aus sich den Fußball schnappt zum Nachbarkind Daniele läuft, sich mit ihm unterhält und mit ihm ihr selbst erfundenes Ballspiel (man muss sich einen oder zwei Stöcke suchen und darf den Ball nur mit Stöcken schieben) spielen will. Matthias macht sich am nächsten Morgen zur nächsten Werkstatt auf für einen Ölwechseln und ich versuche für zwei Stunden die Kinder und das Gepäck in Schach zu halten.

Nächster Halt ist Cabo de Gata an der Südwestspitze Spaniens kurz hinter Almeria. In diesem Teil Spaniens werden die paar Stückchen Erde entweder verbaut, unter ein Gewächshaus gestellt oder unter ein Zelt, Vorzelt oder Küchenzelt. Ein Wunder, dass noch so viel Platz für unsern Bus frei ist! Fotos am Campinplatz versprechen eine tolle Küste, doch die 1,5 Kilometer bis dorthin sparen wir uns und nehmen lieber Kurs auf den Spielplatz, wo Susanna zum Rutschprofi wird. Heftige Windböen, stärker als in Essaouira, machen den Abend zusammen mit dem schlimmsten Fliegenüberfall aller Zeiten das Campen zur Herausforderung. Und auch wenn wir uns beeilen, wir kommen nicht vor 12 Uhr weg (und das ist schon gut!). Matthias sagte mal mitten im hilflosen Kleinbus-Kinder-Camping-Chaos „ Darüber müsstest du mal schreiben!“ Das was unserer Reise nämlich eine besondere Würze gibt, steht manchmal nur zwischen den Zeilen. Auch an Kilometern schaffen wir täglich gerade mal um die 300, dabei haben wir doch ein Date! Von Montag, den 30.6. bis Sonntag, den 6.7. bleiben wir eine ganze Woche an einem kleinen Platz in Brenzone am Gardasee und treffen dort meine Mama.

So müssen wir uns also dranhalten, und da die Orte an der spanischen Touristenküste uns nicht zum Verweilen einladen, grundsätzlich auch kein Problem. Somit fahren wir solange wir können: vormittags frühstücken – einpacken – alle fertig machen – eine Stunde fahren – Kinder wollen nicht mehr und wir haben Hunger – Mittagspause beim Carrefour-Einkauf oder Picknick am Strand – zwei bis drei Stunden weiterfahren, während ich hinten bei den Kindern sitze, schlafe, schreibe, spiele, singe – Campingplatz im Navi suchen und sich überraschen lassen, was da kommt.

In Alicante kommt dann tatsächlich der Camping-Club mit Club-Bändchen und italienischer Bar-Musik bis in die Nacht. Und in L’Escuela an einer wirklich schönen Bucht der Costa Brava mit unverschämten 50,- Euro verbringen wir die teuerste Nacht auf einem Rasenplatz ohne Schatten neben einer Straße. Dafür erleben wir einen wirklich strahlendsten, goldensten, neonfarbensten, Pastell-Sonnenuntergang am schönen Strand, der von der armen Maja jäh und brüllend abgebrochen wird, da sie die Erste ist, die die Mücken stechen und wir in unseren Bus flüchten müssen. Irgednwo zwischen Blanca und Brava muss Matthias noch sein Fensterheber reparieren, da an dem Tag, wo uns die ersten Regengüsse begrüßen, sein Fenster nicht mehr schließt und ich mir hinten einen Regenschutz improvisieren muss. Während er an einer Rasttätte im Nirgendwo so vor sich rumwerkelt, und ich etwas weiter entfernt bin und mit den Zweien Rutsche und Schaukel teste, wird der marokkanischen Familie direkt neben ihm die Handtasche im Beisein Aller aus dem Auto geklaut und ein schwarzer Matzda prescht mit quietschenden Reifen davon. So schön diese Welt auch ist, so ungerecht ist sie auch! Die tun mir leid, die sympatischen Landsleute, deren freundliches Land so wenig Kriminalität hat.

Nach den teuren spanischen Küsten-Plätzen fühlen wir uns auf dem kleinen, lieben Campingplatz in der Provence richtig wohl. Die Belgier haben hier ihre eigene Camping-Gasse eröffnet und wir stellen uns mittenrein, packen geräuschvoll Kinder und Koffer aus, Maja schiebt Susanna auf dem Bobby-Car über den Platz und am Abend fliehen wir wieder vor den fiesen Mücken in den Bus. Da die zwei Mädels während der Fahrt genug schlafen, sind sie zurzeit spät abends noch quietschfidel, toben sich auf dem Bett aus, während Matthias und ich noch kaum die Augen offen halten können. Die Fahrt durch die bergige, fast urwaldmäßige Provence gefällt uns richtig gut und ich hätt gerne viel mehr davon gesehen als nur die Schicki-Micki-Bucht von Cannes, wo wir unsere Butterbrote am Strand verputzen. Wir schwärmen eher für diese kleinen, französischen Dörfer mit ihren sandfarbenen Natursteinhäusern, voller bunter Blumen, Patisserien und gemütlichen Menschen.

Die Autobahnstrecke führt ab Nizza an der Küste grandios am Felsengrat entlang abwechselnd durch Tunnel und über hohe Brücken! Während Matthias‘ Sorgenfalten tiefer werden, da man auf dieser Strecke nicht anhalten kann, wenn was mit dem Bus ist, verrenke ich mir hinten auf der Rückbank den Hals um aus den Fenstern an den schlafenden Kindern vorbei zu schauen. Die dichtbewaldeten und bepalmten Bergketten verlaufen sich immer wieder ins Meer. Kleine und große alte Orte kleben auf den Felszungen, irgendwo ragt ein alter Kirchturm aus den alten rotgelben Häusern, die quasi im türkisblauen Meer enden. Vor diesen Bilderbuchaltstädten liegt jedesmal ein Yachthafen mit hunderten, weißen Yachten. Bin ich froh, dass die Sonne nicht scheint, es gleiche zu sehr einer Postkarte. Als Kind hätte ich (wie Maja jetzt) eher eine Freude an den unzählbaren Tunneln gehabt, jetzt bin ich jedes mal gespannt, welches enge Tal sich diesmal nach dem Tunnel in das Meer ergießt und Maja ärgert sich, wenn ich mich über sie hinweglehne. Sogar Monaco konnte ich für einen Bruchteil einer Sekunde sehen und bin ziemlich beeidruckt, denn steil unterhalb von uns kleben nicht nur die Häuser an der steilen Bucht, auch ragen Hochhäuser uns entgegen – irgendwie skurril dieser Stadtstaat. Obwohl die uns erschlagenden Autobahngebühren unser gesamtes geplantes Tagesbudget einnehmen (für das Geld, hätten wir uns die Fähre nach Genua leisten können!!!), beschließen wir spontan noch hier an einer der Küstenstädtchen eine wahrscheinlich teurere Bleibe zu finden, da uns Navi, Schilder und Polizei schon vor einem Mega-Stau warnen. Sprachlich etwas verwirrt versucht unser Gehirn Französisch, Englisch und Spanisch auszusortieren und auf Italienisch umzuschalten, dessen wir überhaupt nicht mächtig sind. Wir möchten dann einfach morgen mal früher loszukommen. Haha. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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Die Autorin

Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri

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