12) Himmelblaues Chefchaouen

Wie schön es hier ist! Und wie fröhlich, bunt, lebendig und erfrischend alles auf uns einwirkt. Das Land und die Menschen wirken so eins mit sich und untereinander. So verwurzelt, offen, verschmitzt und gastfreundlich. Wir sind erst ein paar Wochen… ach nein erst ein paar Tage, vier um genau zu sein, hier und egal wo wir hinschauen alles ist irgendwie noch neu für uns, aber auch schon sehr vertraut. Die Menschen hier sind darans Schuld, dass man sich so gut und willkommen fühlt. Frauen mit Kopftüchern oder Männer in Gewändern wirken schon lang nicht mehr befremdlich, da man schnell merkt, es sind auch nur Menschen wie Du und Ich. Unvoreingenommen, höflich, freundlich, sorglos und immer fröhlich. Es geht gar nicht anders, man muss das alles hier mögen. Und was das Faszinierendste für jeden von uns Europäern ist: Kinder sind für jeden hier kleine Götter. Maja und Susanna werden gefeiert wie Königinnen. Und was uns auch so überrascht sind die Männer auch die Jugendlichen, die so gerne mit den Zwei schäkern, sie auf den Arm nehmen und sich nicht mehr einkriegen wie süß die doch sind. Alle streicheln den Beiden übner den Kopf, Zerzausen ihnen Haar und Hut, müssen sie anfassen, Quatsch machen, Dizti klauen, einfach nur gucken und allen Umstehenden auf Maja und Susanna hinweisen, lachen mit den Zweien, denn die finden das super! Susanna winkt jetzt jedem zu, was natürlich sofort einen Massenandrang an Menschen um mich herum bedeutet, allerdings alles hinter meinem Rücken udn ich vertrau einfach den gurrenden, quiekenden Geräuschen aller Anwesenden hinter mir. Maja dreht voll auf und verliert zusehends ihre Scheu vor Menschen. In den steilen Gassen von Chefchaouen durfte ich sie schon nicht mehr an die Hand nehmen und sich immer nach mir umsehend spaziert sie stolz ihre geschenkten, leckeren Nüsse in der Hand tragend durch die Enge, kichert mit den Kindern, lächelt den Frauen zurück, hüpft singend um uns herum und redet mit sich und uns als ob sie 1001Geschichte zu erzählen hat.

Am Abend packen wir die Beiden wieder in die Tragen und stapfen die 500 Stufen runter in die Medina, mal eben ein bischen Altstädchen gucken halt. Ha! Weit gefehlt! Wir betreten die lavendel-blauen Gassen und sind nach drei Schritten schon wieder völlig verloren, obwohl wir einen Plan dabei haben, der jedoch nur ein Minimum der tatsächlichen Gassen auszeichnet. Und kaum, dass wir uns versehen zeigt uns ein Marokkaner mal wieder den Weg führt uns im Eiltempo um zehn Ecken und hoppla da stehen wir auch schon in einer Weberei und lassen uns mitreißen von dem humorvollen Verkäufer und der angenehmen Atmosphäre der kühlen Räume mit ihreen tausneden von bunten Stoffen und Teppichen. Ich bin hin und hergerissen zwischen Och-neee-nicht wieder-abgeschleppt! Und Uuui-wie schön! Ich hatte ja schließlich vor marokkansiche Stoffe für unser neues Heim zu kaufen, aber zunächst lassen wir alle ein bischen zappeln und spielen das Klagelied mit: wir haben ja schließlich nuuur ein knappes Tagesbudget. Verkäufer: ach neeee, aber für diesen Preis von uns kommt er ja ins Minurgeschäft, wovon soll er denn leben, er hätte heut noch keeeiiine Touristen gehabt! Matthias ist ein Meister des marokkanischen Handelns nach nur drei Tagen. Wir lassen uns sehr lange bitten, zwischendurch erzählen wir dies und das und Matthias lockt ihn auch aus seiner Reserve.Wir müssen alle viel lachen, werden zum Tee eingeladen und irgendwann entscheiden wir uns immerhin schonmal für einen Stoff. Weitere Verhandlungen um den Preis folgen. Und immerwieder die Sätze: „Misses! What is yourr favourrit color! Mister!!! What price would you pay forr both! Misses, come herre, feel de Qualitty! Herre! It’s cashmir! Handmade. Please, misterr, tell me your price. Noooo!!!! That’s not your price!!!” Das Schauspiel nahm kein Ende, aber alle fühlten sich sichtlich wohl und ich wusste wir würden genau bei der Hälfte seines ersten Angebots enden. Doch Matthias war in seinem Element und ließ ihn ganz schön zappeln. Come on! Wie ein Kind stampfte er auf den Boden. Wir sollen doch ein bischen höher gehen mit dem Angebot. Nein, kein Pardon. Matthias würde ja handeln wie ein Berber! Welch ein Kompliment. Irgendwann erlösen wir ihn gehen etwas höher und er fasst sich ans Herz und tut so als ob’s ihm in der Seele weh tut. Es wird weitergehandelt: wir hätten eine so süße Tochter, Matthias hätte ja zwei, das sei ungerecht. Come on! Das Mädchen gegen ein paar Teppiche. Nein gegen keinen Teppich der Welt!!! Er legt noch seinen Jungen drauf… Wir haben noch viel zu lachen und bevor er uns noch seine Großmutter verkaufen will verabschieden und bedanken wir uns. Während Matthias sich die Weberei noch anschaut, versucht der Verkäufer tatsächlich weiter mir einen Teppich aufzuschwatzen, ich darf nicht genau hinsehen, denn er zieht einen wunderschönen kleinen Teppich raus. „Misses herre feel de qualitty!…“ No! You stop now!!! Sagt auch Matthias lachend als der Verkäufer ihm kichernd erzählt, dass er mir einen Teppich gezeigt hat. Als wir die Räumlichkeiten verlassen wollen, bleibt Maja grinsend wie angewurzelt stehen, anscheinend hat’s auch ihr gut gefallen. Nein! Keine Chance, wir tauschen nicht! Von unserem „very bad man“ wie Matthias ihn augenzwinkernd getauft hat, lassen wir uns endlich zur Bank führen. Na toll! Vor der haben wir vor etwa einer Stunde unseren Medina-Ausflug begonnen. Wir versuchen nochmal unser Glück und betreten die Medina durch eine andere Gasse. In einem Mini-Eingang holen wir uns irgendein lecker frittiertes Gebäck, stürzen uns auf einen der guten Nusshändler, staunen und werden bestaunt und fallen irgendwann hungrig in ein arabisches Restaurant ein. Es wird dunkel, wieder ruft der Muezzin, ein uns mittlerweile vertrauter Gesang, und wir treten den Weg zurück an. Die Stufen hoch liegen abseits. Es ist stockfinster und uns ist ein wenig mulmig, da ein Typ eben an uns vorbei ging und plötzlich weiter oben stehen blieb. Wahrscheinlich musste er nur mal für kleine Muezzins, aber wir beschließen zurück zu gehen, Matthias wird mal wieder Cannabis angeboten und so stürzen wir uns auf’s nächste Taxi. Maja erzählt so gerne von dieser Taxifahrt. Sie ist richtig stolz, denn sie durfte ja alleine fahren! Alle Taxis hier sind uralte, tolle Merzedes W123, also das Paradies für Matthias und ich hab ihm schon vorgeschlagen eines zu kaufen und es dann zu re-überführen. Ein Taxifahrer nimmt grundsätzlich solange Leute mit bis keiner mehr reinpasst. So mussten wir uns mit den beiden staunenden Mädels hinten auf die enge Rücksitzbank quetschen, wo es weder Anschnallgurte noch Fensterkurbel gab und eine rasante Fahrt brachte uns zurück. Als wir aussteigen meinte Maja dann selbstverständlich „Die Maja bleibt sitzen. Die Maja kann noch weiterfahren.“

Der heutige Tag (Dienstag) begann dann wieder wie üblich, mit schnellen Frühstück das ganze, diesmal arg verstaubte Zeug einzupacken, während der Andere versucht die Kinder im Bus zu beschäftigen. Unser neuer Nachbar ist ein Unikat. Er kann unheimlich gut erzählen und so träumen wir wieder von der Wüste. Er erzählt von dem Leverkusener Pärchen, dass auch mit dem neunmonatigen Moritz unterwegs ist und von den faszinierenden Atmosphären der Wüste, der Kasbahs, von Marrakesch und den Oasen. Das wollen wir auch alles und dass da noch mehr verrückte mit Kind unterwegs in der Wüste sind, motiviert uns nochmal extra. Er gibt uns allerhand Infomationen und wer ist schon so verrückt und kauft für sein großes Wohnmobil eine kleine 5kg Gasflasche und braucht sie gar nicht? Natürlich er und schon sind wir um zehntausend Sorgen leichter, beziehungsweise um 4kg schwerer, da wir einfach tauschen. Meistens ist es ja so, dass man gewissen Menschen aus bestimmten Gründen begegnet, Gründe, die man vorher nicht kennt. Wir sind gespannt, wen wir noch so alles treffen und warum. Doch zunächst erwartet uns heute eine heiße Fahrt bis nach Fés. Ganze 190 km und das ist bei den Straßenverhälnissen eine Menge Schotter! Die Straßen sind zwar nicht schlecht, aber man kommt dennoch nicht schnell voran, und das wo wir hier zu den schnelleren Gefährten gehören! Es geht bergauf, bergab, um Kurven und Serpentinen, durch Baustellen, neue Strassen, alte Strassen. Pause in Ouezzane mit marokkansichen Grillhähnchen bei 37° und den restlichen Weg verbringe ich ihm kühleren Hinterraum, wo ich die Fenster zuschieben muss, da der Fahrtwind einem im Gesicht brennt. Hatte ich irgendwann mal erwähnt, dass es heiß ist? Aber ein wenig gewöhnen wir uns schon dran und Maja und Susanna scheint es sowiso nichts auszumachen. Als wir endlich in Fés ankommen, sind wir froh über den prompten Abschlepper, der uns zum Campinplatz führt. Und juchuuh, das Klo- und Duschabenteuer hat zunächst mal Pause. Denn die letzten vier Tage mussten wir uns mit Hockklos und kalten Duschen konfrontieren. Ansich nichts Schlimmes, wenn man sich ein wenig eingewöhnt, aber dennoch werde ich morgen erstmal dreimal heiß duschen (ja auch trotz der Hitze möchte man nicht im Gletscherwasser duschen) und zwanzigmal auf’s Klo gehen, einfach weil’s so einfach ist.

Jetzt ist es fast Mitternacht und wir alle riechen nach Teebaumöl, was uns hoffentlcih die Mücken vom Leibe hält. Neben mir quaken die Frösche und eben ist schon eine Riesenkröte an uns vorbeispaziert um sich mal den Bus anzuschauen. Na besser als Skorpione… Morgen machen wir einen Tag frei, und besuchen nochmal den Moritz‘ und seine Eltern. Das Pärchen aus Leverkusen.

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Die Autorin

Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri

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