16.-22.10. San Pedro de Atacama Einige Stunden nach dem letzten Artikel war schon wieder alles anders. Denn am naechsten Morgen stand doch tatsaechlich Gesche vor mir, meine eiserne Mitskifahrerin, die ebenfalls nach San Pedro gefahren war und zufaelligerweise auch noch ins gleiche Hostel eincheckte. Gemeinsam mit noch einer weiteren Deutschen, Kathleen, geben wir seitdem ein harmonisches Dreiergespann ab und haben seit Sonntag auch schon jede Menge erlebt. Ich habe mich entgegen meiner ersten Eingebung direkt zu drei Touren angemeldet und bin freiwillig und voller guter Dinge im Dormitorio geblieben, anstatt aufs Einzelzimmer zu wechseln. So und damit begann die bisher beste Zeit dieser ganzen Reise!
San Pedro ist ein kleines Wuestendorf allerdings mit vielen Backpackern, was ja nichts schlechtes bedeutet, schliesslich ist mir aufgefallen, das ich ja selbst zu dieser Spezie gehoere und das mittlerweile mit Leib und Seele. Bedeutet: jede Socke wird nachdem sie schon im Waeschebeutel liegt noch 4mal rausgefischt, dran geschnuppert und fuer tragungswuerdig befunden (was mit Unterwaesche uebriegens nicht geschieht!), jeder Teebeutel und Joghurtbecher, den man auf Touren noch abstauben kann wird eingepackt fuer schlechte Zeiten, man unterhaelt sich auf deutschenglischspanisch, man vergisst die Namen der kurzweiligen Bekannschaften, es werden grundsaetzlich diese 3 Fragen in genau dieser Reihenfolge gestellt: Woher kommst du, wie lange bist du schon da, wie lange reist du noch wohin?, man kann Raeucherstaebchen in seinen Rucksack stecken, damit die Klamotten auch wirklich nach fremden, abenteurlichen Land riechen (und ich habe diese natuerlich aus 1. Hand von meinem Mariuana-Chilenen), vergessen sind Tag, Uhrzeit oder Jahreszeit, man erlernt die Kunst des Handelns (ja! ich auch! erfolgreich!) und nach Dusche, Rucksack aufraeumen und Waeschetag fuehlt man sich wie neugeboren. Morgen ist meine Zeit in San Pedro schon vorbei und das macht mich doch traurig, denn Menschen und Landschaft zaubern eine wundervolle Magie hier.
Am Montag durften wir zur unmenschlichsten Zeit des Universums aufstehen um 5h30! Um diese Uhrzeit in der Wueste ist es bitterkalt und wir hatten noch 2000 weitere Hoehenmeter zu bewaeltigen. Kathleen, Gesche und ich wurden von unsererem Tour-Wagen abgeholt und es ging eine Stunde lang holterdipolter durch diese steinerdige Wuestengegend Richtung Lago Chaxo, einer der groessten und hoechstgelegenden Salzwuesten der Welt. Die Sonne ging langsam ueber den naheliegenden Anden auf und wir durften das Seite an Seite mit unseren Flamingos miterleben, was die Welt samt Himmel, Berge und der hellen, weiten Salzkruste in kitschige Pastelltoene tauchte. Sonne heisst uebrigens nicht unbedingt dass es waermer wurde. Es war wirklich kalt und ich war dankbar ueber jeden Depri-Kauf bestehend aus Muetze, Stulpen und Alpaca-Pulli. Nach einem dankbaren Fruehstueck ging es dann hoch auf den Altiplano (=alles ab 3500m in den Anden). Bei 3200 gab es einen kleinen Aklimatisierungswalk und bei 4300 kamen wir an unserem Ziel an: 2 Lagunen vor mehreren Vulkanen inmitten der Steppenlandschaft. Paolo, unser sympatischer Tour-Guide erzaehlte uns alles Moegliche, was ich mir gar nicht behalten konnte, wenn man immer wieder von dieser unbeschreiblichen Landschaft abgelenkt wird. Wir 3 Maedels steckten im Fotofieber, womit wir zwar immer die ganze Gruppe aufhielten, aber wie ihr wisst, stoert mich das nicht.
Mein Koerper hat sich mittlerweile faierweise an all die klimatischen Verhaeltnisse angepasst und uebertrift dies sogar noch mit einer Top-Fitness. Wie soll er auch anders bei so klarer, frischer, kalter Luft. Aber rennen ist nicht, und 8 Stufen auf einen Glockenturm ist glatt ein Marathon. Nach einer Fotosafari mit Flamingos, Vicuñas (die Dromedare der Anden), Bergen und Seen ging es nach einem chilenischen Festmal wieder zurueck ins Hostel, wo wir sofort das Angebot annahmen in einer halben Stunde mit auf eine Mountain-Bike Tour zu kommen. Jippieh!
Die Tour mit einer lustigen Truppe ging bei mittlerweile 30 Grad in die hohen Felsformationen des roetlichen Vale de la Luna, wo es tatsächlich aussieht wie auf dem Mond (wie jeder bestätigen kann, der schonmal auf dem Mond war) durch die Teufelsschlucht. Wir stiefelten durch reissende Fluesse, kletterten mit dem Bike durch Felsen, zogen die Koepfe ein, arbeiteten uns durch den Sand, kletterten auf ein Panorama-Plateau oder in tiefe Hoehlenschaechte. Mein Bike verirrte sich komischerweise in jede kleine und groessere Pfuetze, grundsatzlich abseits der Wege und sprang ueber Stock und Stein. Total gluecklich kamen wir abends in San Pedro an, fuhren dadurch und landeten auf einer weiten Flaeche um den Sonnenuntergang am hiesigen Vulkan zu geniessen. Zum kroenenden Abschluss dachte ich, mach ichs nochmal ein bisschen spannend, suche mir beim temporeichen Downhill-fahren den naechstbesten, rostigen Nagel und fahr mal drueber. Reifen urplötzlich platt, filmreifer Stunt, Luftpumpen funktionieren nicht. Fabi bietet sich gentlemanlike an mein Rad zu tragen, während ich Seines schiebe und Pedro passt auf, dass wir uns nicht verirren in der Dunkelheit. Es gibt dann doch nicht nur Machismo in Südamerika und gemeinsam verbringen wir alle noch einen schönen Abend bei Pizza, Wein und Orangensaft.
Muede fallen wir ins Bett und ich muss mein Handy mehrmals davon ueberzeugen, dass es nicht nur unmenschliche Uhrzeiten gibt, sondern auch unhandyliche, grausame, niedertraechtige Uhrzeiten, dass jedoch alles seine Richtigkeit hat, und ich bitte um 3h30 geweckt werden moechte…