27.9. – 30.9. Ilha de Tinhare Huups! War ich doch glatt eingenickt und endlich parkte der Katamaran vor einer gruenen, palmenumwucherten kleinen Insel. Schon die ersten Schritte in diesem kleinen Paradies liessen mein Herz hoeher schlagen: wohin man hinschaut ist gruen, oder blau, wenn man den Blick senkt oder hebt. Die Luft riecht nach Sonne, Waerme, Natur und Salz. Carlos, ein junger Einheimischer und Helfer meiner Gastfamilie holte mich ab, und fuehrte mich nach den zwei klaeglichen Versuchen, den einheimischen Bankautomaten Geld zu entlocken, durch Morro. Immerhin kann er ein wenig spanisch und so konnten wir uns lustig verstaendigen. Binnen Minuten wusste ich alles ueber Morro, was daran liegt, dass es ein Mini-Dorf ist, gleichzeitig, das Groesste (und Einzige?) auf der autofreien Insel. Hier gibt es als Transportmittel tatsaechlich nur Fuesse, Schubkarren und Maultiere und so ging es bei gefuehlten 40° und 80% Luftfeuchtigkeit auf kleinen sandigen Pfaden und Treppen hinauf zur Pousada Colibri, wobei ich zunachst ziemliche Ueberzeugungsarbeit leisten musste, dass ich meinen kleinen Rucksack lieber selber tragen moechte. Leider verstand ich Carlos dann doch zu gut, und so weiss ich nun, dass es Schlangen, Spinnen, grosse und kleine Echsen, aber auch Colibris hier gibt. Den Schuhgroesse-37-langen Tausendfuessler und einen Skorpion sind mir schon vor die Fuesse gelaufen, genauso, wie die suessen Geckos ausser- und innerhalb meines Bungalows. Mein Bungalow! Klein und sauber mit einem franzoesisches Bett mit Moskitodach direkt vor dem Fenster. Bei dem Klima gibt es auch gar keine richtigen Fensterscheiben, und so hoert man desnachts fiepende, zwitschernde, surrende aber alles in allem friedlichen Urwaldgeraeusche, die einen bis zum Morgen begleiten und dann in lustiges Vogelgezwitscher wechseln. In meiner Haengematte wartete ich abends nur noch auf meinen Rucksack, und fiel dann der Reihe nach erst in die Dusche und dann in mein Himmelbett und schlief sage und schreibe 13 Stunden! Schlafen will gelernt sein und ich bin seit ein paar Wochen grosse Klasse darin, nachdem ich die letzten Jahre unter nervigen Schlafproblemen gelitten hatte. Die drei Morgende, die ich hier verbrachte, konnte ich mich gar nicht aus dem Bett schaelen, weil mich Ausblick und Soundkulisse so fesselten. Nach dem langen Aufwachen gabs dann langes Fruehstueck: jeden Tag einen anderen frischgepressten Saft, frische Fruechte, selbstgemachte Marmelade, irgendwas Selbsgebackenes und viel guten Kaffee. Da ich ja ein Bungalow fuer zwei Personen hatte, durfte ich gefuehltermassen ein Fruehstueck fuer Zwei geniessen. Somit blieb immer viel uebrig, entweder fuer mein Mittagessen oder fuer ein Fruehstueck meiner Tischgenossen: Pinselohraeffchen! Natuerlich zog es mich jeden Morgen schnell an die Straende. Nachdem man durch die sandigen, engen Gassen stapft (eng wirds wegen der vielen Maultiere, Schubkarren und Brasilianer die alle entweder “tuechtig” bei der Arbeit sind oder rumstehen und quatschen oder am “Strassen”rand sitzen), erreicht man nacheinander vier schneeweisse Straende, wobei die ersten drei mit Cafes, Pousadas, Restaurants, Palmen, weiteren Brasilianern und kleinen Surfshops gesaeumt sind. Strand Nummer Vier allerdings ist unendlich lang. Gestern bin ich einfach mal ne Stunde drauf los marschiert, es es war noch immer kein Ende in Sicht und so habe ich mich einfach einsam unter eine Palme gelegt. Abwechselnd war in der Hitze nur Badewannenwasser oder kuehler Palmenschatten unter weiteren Vogelgezwitscher moeglich. Leider tauchten mal wieder aus dem Nichts eine junge Frau und zwei noch juengere Maenner auf. Die Frau flanierte am Handy quatschend an meinen Sachen auf und ab und die Jungs kletterten auf die Palmen und schnitten Blätter ab. Ich war gerade im Badewasser-Meer und da mir das Ganze nach einer unauffaelligen Inszenierung aussah und ich Angst um mein Kaeptn Blaubaer-Buch hatte (ja, und meine Kamera) hatte, beschloss ich mich wieder unter Leute zu mischen.
Das mit dem Entspannen hab ich noch nicht so ganz raus, irgendwie hab ich lauter Hummeln im Hintern und so bereite ich mal meine Master Class vor, mal lese ich ein wenig aus den abenteuerlichen 13 1/2 Leben vom Kaeptn Blaubaer, mal versuche ich an nix zu denken, aber die meiste Zeit rattert mein Gehirn noch hin und her. am 1. Tag war ich so k.o. aber musste irgendwie ploetzlich ganz Morro und Umgebung abklappern und fotografieren, inklusive langen, kitschigen Sonnenuntergang. In der Haengematte hielt ich es sogar ne halbe Stunde lang aus. Gestern klappte es da schon was besser mit relaxen, allerdings denke ich staendig ich wuerde schon stundenlang am Strand liegen, in der Haengematte oder durch den Pool der Pousada schwimmen, doch die Zeit verstreicht hier im Schneckentempo. Ungelogen, das ist echt gewoehnungsbeduerftig! Doch einen Moment gab es als ich mich wirklich mit enem lauten Saeufzer im Hier und Jetzt befand: gestern nachmittag in der Haengematte, frisch geduscht, Buch in der Hand, kaum Klamotten an, trotz der schwuehlen Luft frischen Wind um die Ohren, Kolobris flattern neben mir und ich geniesse: mein ersten brasilianischen Kakao im Paeckchen! Jippieh! Allerdings sind die original brasilianischen Mojitos und Caipis nicht von der Hand zu weisen! Unsere Cocktails in Deutschland, von denen ich sowiso lieber Abstand nehme, sind Wasser dagegen! Aber in Brasilien musste ich dann doch mal probieren. Einer am Abend reicht fuer die nicht trinkfeste Miri.
Gleich gehts fuer mich leider schon wieder weiter, denn ich muss dieses ruhige, friedliche Inselparadies verlassen und zurueck in die laute, bunte, unbekannte Welt von Salvador. Aber diesmal mit etwas Geld in der Tasche, denn irgendwo am Praia No 3 im Sand stand tatsaechlich noch ein funktionierender Bankautomat und nachdem ich diesmal nur einmal meine Nummer falsch eintippte, spuckte das Ding beim zweiten Versuch endlich Monetas aus! Schade, dass ich schon wieder weg muss, denn hier in der deutschen Pousada war es doch eins anfter Einstieg in diese fremde Welt, die ich ganz alleine betrete. Es tut dann doch noch gut, wenn man sich ueber Wahlergebnisse auf rheinlaendisch oder ruhrpoettisch unterhaelt. Komisch, was einen entspannter machen kann. Heimat oder ueber Heimat reden gehoert auf jeden Fall schonmal dazu.