Endlich! Nur noch ein paar Stufen, dann die schwere Holztür auf und aaah. Sommer! Nach nur fünf Frühlingstagen empfängt er uns an Deck der Cruise Olympia zwischen den bewaldeten Inseln von Griechenland! Der Wind weht warm, die Morgensonne strahlt, es riecht nach Sonne und Meer! Gestern fing der Urlaub an, obwohl wir schon seit fünf Tagen unterwegs sind. Doch erst als wir aufgeregt am Heck auf das Ablegen unserer Fähre warten, keimt so langsam ein Gefühl auf des juchuh-wir-sind-weg! Aber es ist noch klein dieses Gefühl und verschwindet immer wieder. Vor allem wenn die Mädels im Streitmodus sind. Es ist noch klein und darf noch wachsen. Hoffentlich wartet es damit nicht so lange.
Irgendwie waren die letzten fünf Tage anstrengend schön und ganz schön anstrengend. Montag lassen wir um 12 Uhr mittag das Haus Haus sein und düsen einfach los. Scheinbar ist alles eingepackt und wir haben etwa 1300 Kilometer vor uns bis nach Ancona, von wo wir ein Date mit der Fähre nach Patras haben. Ach, das ist doch locker zu schaffen, meint auch Jürgen von Diebo-Teile, den wir in Hessen ansteuern müssen. Bei ihm wartet noch ein rettendes Zündschloss, damit die Verschiffungsgesellschaft in Griechenland unseren Landcruiser auch nach Israel transportieren kann, ohne dass sie unser labiles Zündschloss demontiert. Danke auch für deinen Kanister & Co.!
Jürgen und Rita als ersten Halt anzusteuern tut richtig gut. Haben wir bei ihnen schließlich unseren Pétit Pied gefunden. So heißt mittlerweile der alte Toyota Dinosaurier, denn das ist der französische Name für den kleinen Dino Littlefoot.
Auf nach Jordanien! Mit diesen Worten reisen wir weiter bis zum 30 Kilometer entfernten hessischen Ponyhof, wo wir als Mitglieder von „Landvergnügen“ umsonst eine Nacht verbringen dürfen. Ungefähr hundert Mal rennen Maja und Susanna zwischen Pétit Pied und Ponys hin und her. Becky und Ronja die zwei Hofhunde sind lieb und entfachen die Sehnsucht nach einem eigenen Pferd oder Hund bei Susanna. Sie erfindet die wildesten Ideen, wie man die Tiere mit auf Reisen nehmen kann. Matthias entfacht dafür ein ungeplantes Feuer, und fackelt damit fast den Pétit Pied ab. Da sieht man mal wie lebensgefährlich Whatsapp ist! Benzinbrenner auf dem Sandblech an, Blick wieder auf Social Media, Brenner und Sandblech stehen in Flammen. Panik oder Löschen? Besser Zweiteres. Im Brenner war noch altes Lampenöl gewesen, dass sich Gottseidank einfach und spurlos löschen ließ, dennoch reist seitdem auch eine Löschdecke mit.
Die ersten Nudeln mit roter Soße auf dieser Reise schmecken himmlisch! Das Tollste jedoch ist: zum ersten Mal seit etwa vier Jahren müssen wir mal nix tun! Kein Haus bauen und kein Fahrzeug richten! Ab jetzt leben wir im Jetzt! Nur noch Reisen, Familie, Füße hoch und Alltagszeug.
Und weiterfahren! Das ist dann doch nicht so ein Katzensprung bis nach Ancona wie wir dachten. Nach der ersten halben Stunde hinter Much meinte Maja schon wir müssten doch endlich in Österreich sein. Und Susanna fragt täglich wann wir endlich in Italien sind. Auf dem Globus sieht halt alles so klein aus! Nach dem Ponyhof erreichen wir für die zweite Nacht einen Stellplatz mit toller Aussicht an einem Bauernhof bei Ulm. „Ja mei, mit was seid’s denn ihr unterwegs?! Und ja mei, da sind’s ja noch zwoa Madel! Ja mei o mei. Des is aber kuschelig!“ Der gute Bauer schlägt bei unseren Anblick die Hände über dem Kopf zusammen, so was ist vom “Landvergnügen“ ihm noch nicht vorbei gekommen. Dafür hat er ziemlich leckeren Käse und Öle zu verkaufen, denn das ist die Idee hinter dem Landvergnügenkonzept. Kostenloser Stellplatz und dann gerne frische Sachen vom Gastgeber kaufen. Auch wenn er die ganze Nacht nicht schlafen konnte, wegen unseres abenteuerlichen Vorhabens mit den zwoa Kloanen da.
Diese zwoa Kloanen machen die ersten Tage ganz schön Radau. Voller Überschwung und überdimensionierten Blödsinn halten sie uns ganz schön auf Trapp. Maja und Susanna finden bei jeder Gelegenheit einen Grund sich zu streiten, kaum haben sie ein gemeinsames Spiel gefunden ist die Harmonie auch schon wieder vorbei. So kennen wir die Zwei gar nicht. Wir fahren keine lange Strecken, dennoch haben wir keinen gemeinsamen Takt. Puh und es sind noch viele Kilometer vor uns.
Mit dem ersten Blick auf die Alpen wendet sich das Blatt ein wenig. Mein Herz springt, Berge machen mich sofort glücklich bei strahlend blauen Himmel sowiso! Auch die Kinder sind beeindruckt und Maja kann sich gar nicht vorstellen wie wir dadurch kommen sollen. Am Weissensee im Allgäu stürzen wir uns auf den Bauernkäse und Friedhelms leckeres Brot von daheim. Meine Füße wollen ins Wasser und natürlich lassen sich auch meine Mädels nicht lange von einer Kneippkur abhalten. Uns friert’s fast die Zehen ab. Irgendwie kommen wir dann doch durch die schneebedeckten Berge. Leider nicht immer über die Spitzen, so wie die Kinder dachten.
Ich habe mir vorgenommen diese Reise nicht auf einen Regentropfen zu treffen. Hat nicht geklappt und wir können uns dem schlechten Wetter in Südtirol nicht entziehen. Irgendwie ist es aber egal. Susanna und Maja verfluchen zwar wie immer die Existenz von Matschhosen, dafür macht ihnen Fussball und Autos spielen im Regen nichts aus. Wir freuen uns auf einen ruhigen Abend… RATSCH!! „So ein Sch….!!!!!“ Ein Karabiner hat sich im Dachzeltstoff festgebissen. Beim Öffnen des Klappdaches reißt er uns einen zwanzig Zentimeter langen Riss, in den es nun reinregnet. Während die Kinder sich um die Spaghettitüte streiten, diese zerreisst und alle Nudeln sich über den Stellplatz zerstreuen, nähe und nähe ich mit kleiner Nadel und dünnem Garn das Loch wieder zu. Es ist fast wie Meditation, Stich für Stich ein Regentropfen weniger zu uns rein. Völliges Annehmen der Situation, einatmen, ausatmen, grinsen, Abdichtklebeband drüber und unser Zelt sieht nach Abenteuer aus. Wir erzählen einfach, ein Löwe wollte in unser Dach.
Die Löwen unter mir haben sich mittlerweile beruhigt. Gemeinsam verschlingen wir spätabends Matthias‘ Nudeln mit Majas und Sannas Erdkrümeln. Der regengeschützte Bereich unter der Markise sieht richtig gemütlich aus. Morgens ist der Himmel über Klausen blank geputzt, und der Blick ist frei auf die hohen Felsen um uns auf denen eine Burg thront.
Heute müssen wir aber mal Dampf geben und wieder den ganzen Tag fahren. Maja und Sanna freuen sich schon auf’s Fahren und scheinbar hat der Regen ihre Gemüter reingewaschen. Sie sind wieder Freundinnen, puh, welch ein Segen. Wir fahren und fahren, hören Conni rauf und runter, fahren und malen und fahren und verfahren uns im verrückten Wirrwarr italienischer Autobahnaus- und Auffahrten gelotst von zwei Navis, die sich nicht einigen können, kommentiert von zwei Erwachsenen, die sich auch nicht ganz einig sind. Nach diesem Manöver steuern wir den nächst akzeptablen Stellplatz an… bei Rimini an der Adria. Wie tief sind wir gesunken?!
Doch morgens nur ein paar Meter weiter zu fahren und am Meer zu frühstücken ist einfach toll! Nach fünf Minuten am Strand entlang hören wir auch endlich das Meeresrauschen, das weiterhin vom Dröhnen der Bagger begleitet wird, die hier Berge von Sand zu einem touristenfreundlichen Strand planieren. In unseren Kindern wohnt ein starker Sammeltrieb inne, der hier natürlich grenzenlos ausgelebt werden kann. Schon im Allgäu waren die Hände lieber voller Muscheln und Steine als auch nur einmal an die Brotzeit zu denken. Und seit Maja ein Ausgrabungsset hat, sucht sie nach Fossilien und schleppt uns nun ihr neuestes “Fossilie“ an. Ein erschrockener kleiner Krebs. Nur schwer können wir unsere Schatzsucher vom Meer weglocken.
Es dauert nicht lange und wir erreichen ganz entspannt unsere Fähre. Während Susanna und Maja sich mit den Tauben anfreunden, nachdem das Füttern und Wegjagen nicht funktionierte, packen Matthias und ich seelenruhig unsere Sachen für 24 Stunden ohne Landcruiser. Wow! Ein 11stöckiger Koloss soll uns und zehntausend Laster rüberbringen. Genau wie Susanna frage ich mich, wie schwimmt denn so ein Riesenhaus ohne unterzugehen? Mir wird schon etwas mulmig, habe ich schon seit Tagen Alpträume von Ängsten, die ich bisher gar nicht hatte.
Natürlich geht das Schiff nicht unter und kein Kind über Board. Auch wenn man uns zwischendurch schön auf die Folter gespannt hat. Die Crew musste eine Übung machen, das wurde auch durchgesagt. Als nächstes kam die Nachricht, man solle doch bitte die Ruhe bewahren, ein Feuer sei im Motorraum ausgebrochen, die Crew hätte es unter Kontrolle, aber man solle sich mit Decken zu den Rettungsschiffen begeben. … Der Barwirt macht sich noch einen Kaffee, die Lasterfahrer spielen weiter Karten. Vielleicht sollte ich wirklich nicht in Panik ausbrechen, only for drill! Ansonsten ist es eine entspannte Zeit. Obwohl wir Camping-on-board gebucht haben, bekommen wir leider eine Kabine. Ohne Fenster, mit lauter Lüftung, dafür mit Dusche, so dass auch unsere Mäuse endlich mal sauber werden. Mit überall rumklettern (nein, nicht an der Reling!) und teurem ungenießbaren Essen verbringen wir unsere Zeit schnell und am Nachmittag landen wir in Patras. Nur noch mit Sack und Pack durch das nach Diesel und Fisch stinkende und dröhnende Labyrinth an Lastern quetschen über die Anhängerkupplung des Wohnwagens und endlich hat uns der Petit Pied wieder! Griechenland wir kommen, es lebe der Sommer! Allerdings ganz schön stürmisch hier… und was machen denn da die Berge mit Schnee vor unserer Nase? In Deutschland 25 Grad? Hmm, irgendwie war das doch anders herum gedacht…
Fünf Tage Frühling
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Ich lese mit Begeisterung mit und freue mich auf alle Reisebericht. Eure Nachbarin aus Much 🙂
Shalom Manuela! Unser Zuhause ist gerade ganz schön weit weg! Umso mehr freuen wir uns über jeden Gruß aus der Heimat! 🙂 LG aus Israel! Miri, Matthias, Maja, Susanna
Hallo Reisende,
schön dass ihr eure Fähre rechtzeitig erreicht habt, ich hatte schon arge Bedenken.
Ich habe mit Vergnügen gelesen, dass ihr an eurer Reiseharmonie arbeitet. Die Zeiten, wo die lieben Kleinen in ihren Sitzen schliefen, ist also vorbei.
Dafür gibt es aber viel spannende Unterhaltung (eure Bibi und Tina war früher Benjamin Blümchen).
Deshalb ein lautes „Tärä“ und weiterhin eine schöne Reise mit vielen Überraschungen.
Ganz liebe Grü0e, Umarmung und 1000000 Bussis von Oma Moni
Ja, die ersten zwei Tage. Jetzt genießen sie die Fahrt und sind richtig gut drauf. “Conni“ ist bei uns in Dauerschleife. Bussis von uns allen zurück!
Sehr schoener Bericht, weiterhin eine schoene Reise.
Danke dir! Wir haben abends noch 15 Grad und ihr 15 Zentimeter Neuschnee! Passt doch 😉
Es ist einfach ein Traum wie schön du schreibst, da ist absolut emotional dabei.
Danke, wir reisen mit euch …
Gruß Jürgen und Rita
Uui, danke euch für dieses liebe Kompliment!