Ich fahre mit einem Kloß im Hals nach Hause. Sternenklar ist die Nacht, der Vollmond leuchtet uns den Weg und auf einer alten CD finde ich meine Lieblingsversion von „Harvest Moon“, bei der sogar meine Rocker-Mädels aufhorchen und für ein paar Minuten nicht mehr ihr derzeitigen Lieblingshit „Bad to the bone“ fordern. Ich kann’s irgendwie gar nicht wirklich glauben. Wir haben’s tatsächlich gemacht. Wir haben uns von einem alten, mehr oder minder treuen Freund verabschiedet. Der Bus ist verkauft! Schluck.
“Adieu, dit le renard. Voici mon secret. Il est très simple: on ne voit bien qu’avec le cœur. L’essentiel est invisible pour les yeux.” (Antoine de Saint-Exupéry, Le Petit Prince)
Das Wesentliche ist manchmal unsichtbar für die Augen, jedoch nicht für unser Herz. Was ist das Wesentliche, dass uns auf unseren Reisen glücklich macht? Ist es wirklich unser fahrbarer Reiseuntersatz oder nicht doch das Reisen ansich und die Ziele in Nah und Fern? Und die Zeit, die uns übrigbleiben würde, wenn wir uns nicht tagtäglich um den Bus kümmern müssten? Und die Sorgenfalten und Adrenalinschübe, die dann wegfallen würden, und wir somit freier wären uns um was anderes Gedanken zu machen? Oder sich mal gar keine Gedanken machen? Mit unserem über alles geliebten Inshallah-Bus erreichen wir noch nicht mal die Ziele in nächster Nähe. Selbst ein Wochenendtrip nach Hessen wird zur Herausforderung.
Nein! Nach einem Wochenende im September und viel Adrenalin im Blut, dass uns der Bus nochmals heile nach Hause bringt, steht für uns alle fest. Das kann es nicht mehr sein! Hat er uns doch weit gebracht, so ist unsere gemeinsame Zeit nun zu Ende.
Nachdem die Anzeige im Netz steht, ist Rico der Erste und Einzige, der ihn sich anschauen darf, nachdem wir unzählige Autohändler und unliebenswerte Kaufinteressenten ausgesiebt haben. Ich schicke eine Bestellung ans Universum und siehe da, sie geht in Erfüllung. Rico ist ein junger sympatischer VW-Bus-Fan, der sich in unseren Bulli verliebt und der Bulli in ihn und die Zwei mehr Zeit füreinander haben werden als wir für unseren Gafährten. Nur weil wir den Bus in Ricos Hände geben dürfen, fällt uns der Abschied nicht ganz so schwer. Naja, auch weil’s heut dann nochmal spannend wird, da der Bus an Tag X natürlich mal wieder nicht anspringt, Matthias mal wieder die Dieselpumpe entlüftet, während ich am Lenkrad das Universum anflehe. Vor lauter Aufregung flitscht Matthias dann die Dieselpumpe aus der Hand und Dieselspritzer erreichen sein Auge und Mund. Nein! Es muss ein Ende haben! Ich nehme Maja auf den Schoß, ein letztes Mal am Bulli-Lenkrad, Maja! Wir drehen den Schlüssel zum 15. Mal um. Stotter, stotter, nichts. Matthias grummelt, werkelt. Ach ja, vertraute Welt.
Ich schaue in den strahlenden Himmel: „Maja, sag mal JETZT!“ „Jetzt.“ Wir drehen den Schlüssel. Der Motor springt an. Danke Universum, tschöö Bus. Nur Maja trauert darum, dass sie Rico nicht kennenlernen konnte, da er heut abend zu lange im Stau stand.
Wir werden die gemeinsame Zeit niemals vergessen, doch um unsere Reisen endlich mal ein wenig sicherer und entspannter zu machen, sind wir nun auf der Suche nach einen nächsten Reisegefährten: ein Zebra-Toyo! Ein weißer Toyota Landcruiser mit Dachzelt soll es werden, den wir zebramäßig mit schwarzen Streifen versehen wollen. Maja schneidet dann noch eine Schwänzchen aus Papier aus (wie beim I-AA von Winnie-Puh) und heftet es an die Anhängerkupplung. Susanna will jetzt auch noch ein Schwänzchen malen? Na dann hat’s halt zwei Schwänzchen.
Ich weiß, jetzt werden die Reiseberichte nicht mehr gaaanz so abenteuerlich. Aber wenigstens kann der Fahrer mal entspannen und ich hätte die Chance auch mal hinterm Lenkrad sitzen zu dürfen. Wir sorgen dann eben auf anderem Wege für abenteuerlichen Lesestoff, keine Ahnung irgendwas wird sich schon finden… Ein Ausflug nach Südafrika und Namibia (und Botswana und Lesotho und…) fänden wir jetzt nicht schlecht.
So kommen wir also mit einem weinenden, trauernden und einem lachenden, vordreudigen Auge davon und sagen:
ADIEU! Petit Bus.
Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri
Hi. Grüße vom Bulli, Eva und Rico. Der Bulli der von Eva Columbus getauft wurde kostet mich auch gelegentlich Nerven. Den Urlaub nach Skandinavien und viele kleinere Ausflüge hat er aber immer mit Bravour gemeistert. Auch im Offroadpark hat er den modernen SUV die Nase lang gemacht. Es würde zu weit gehen alles aufzuzählen was an Geld und Zeit die letzten Jahre in den Bus gewandert ist. Der Bulli ist in guten Händen und hört trotz eigener Abenter mit neuer Mannschaft gerne von seinen alten Besitzern und ihren neuen Reisen im neuen Abenteuer Auto. Schön mit euch in Kontakt zu bleiben. Weiterhin Schöne Abenteuer mit sicherer Heimkehr wünschen Rico, Eva und Columbus!
Hey, cool, dass ihr euch meldet. Wir freuen uns immer über eure Fotos und ziemlich beeindruckendes Video letztens mit den kleinen Hopser bergauf. Wir sind so glücklich dass unser Bullibus alias Columbus genau die Richtigen gefunden hat. Das mit dem Geld und Zeit ins Fahrzeug kennen wir! Scheint kein Ende zu nehmen und ist nur was für Verrückte 😉 Ganz liebe Grüße! Die Verrückten mit dem Landcruiser
… kaum ein paar Zeilen gelesen und schon total gerührt und fasziniert von dem Geschriebenen, vier liebe Menschen die das Leben aufsaugen …
Gruß Jürgen
Lieber Jürgen,
vor lauter Leben leben, meistern und aufsaugen, hätten wir diesen wunderbaren Kommentar von dir beinahe vergessen zu genehmigen. Vielen Dank und wir hoffen dein spannendes, uns begeisterndes Projekt schreitet erfolgreich voran!
Ganz liebe Grüße aus dem Bergischen!
Miri, Matthias, Maja, Susanna