Es tut noch weh. Da unten im Bauch drin und in der Seele. Ein kleines Loch im Bauch voller Enttäuschung und Traurigkeit. Doch siegt auch immer wieder zwischendurch das Gefühl das Richtige zu tun und Erleichterung kommt hoch.
Da träumen wir seit über einem Jahr unseren Traum von Marokko mit dem Wissen, dass wir es nur dorthin schaffen möchten, wenn alle Lichter auf grün stehen. So viele viele Hindernisse haben wir geschafft. In der gesamten Zeit ist tatsächlich der Bus noch fertig geworden, und er fährt sich wunderbar. Wir sind rechtzeitig hier angekommen und tatsächlich reichen Zeit und Finanzen aus um die teure Fähre nach Marokko zu buchen. Wir stehen so kurz davor, heute abend legt das Schiff ab. Alle Lichter standen auf grün. Wir haben alle Einkäufe erledigt, die wir für die Tage auf See und in einem unbekannten Land brauchen, haben zwei Abende lang gebraucht um eine Karte für unser Navi runterzuladen (die wir zwar eh nicht hätten nutzen können, da Maja gestern unser Navi auf die Erde pfefferte und es nun kaputt ist), steckten jeden Abend die Nase in den Reiseführer und hatten uns eine wunderschöne Route herausgesucht, malten uns in allen bunten Bildern unsere Erlebnisse in Fes, Marrakesch, Kamelmarkt, Gerberstädten, Oasen,mittleren und hohen Atlas aus, liebäugelten weiterhin mit der Sahara, den Dünen von Chegbi, Zagora und unser großes Ziel, dem Timbouctou-Wegweiser.
Und da kommt so ein hirnrissiger Idito daher und verbreitet einen dämlichen Film, der die muslimische Welt natürlich verärgert. Aufstände, Demonstrationen, Überfälle auf Botschaften überall in den jeweiligen Ländern und auch in Marokko. Das auswärtige Amt rät zur großen Vorsicht. Gestern brauchten wir nicht mehr lange nachdenken, als wir das alles lasen. Wir fahren NICHT. Zu zweit hätten Matthias und ich uns vielleicht noch getraut, aber mit dem größten Schatz in unserer Welt, fällt die Entscheidung klar dagegen aus. Ja, es wird auch weiterhin ein wenig wehtun, aber wenn wir heute wieder in die Nachrichten schauen, ist es genau das Richtige. Selbst wenn, Marokko eher ein friedliches Land ist, wer weiß, ob man nicht doch plötzlich zur falschen Zeit den Falschen trifft, der so wütend ist auf die westliche Welt und dessen Ärger nun entfacht ist, was wir dann ausbaden dürften. Nein! Auf solch ein Risiko lassen wir uns nicht ein, niemals. Nicht mit Maja.
Spanien ist ja auch schön… (räusper, ja bestimmt). Und bestimmt werden wir dort auch etwas erleben und Neues zu sehen bekommen. Marokko schieben wir auf und haben beim nächsten Mal dann mehr Zeit, da unser Bus ja Marokko-bereit ist (extraangefertigte Abschleppleinen, Seilzug, Benzinkanister mit Kamel drauf etc.). Heute packen wir dennoch unsere sieben(undsiebzigtausend, denn wir haben ja nun Windeln ohne Ende, Majas Essen, noch mehr Medikamente und Proviant) Sachen und verlassen das kleine Nest. Ohne unsere gebuchte Fähre hätten wir gar nicht so lange hier verweilt. Es ist zwar schön ruhig, direkt am einsamen Sandstrand, wo Maja schon ihren ersten Sandkuchen gegessen hat und begeisterte Muschelsammlerin ist. Doch zieht es uns seit einigen Tagen weiter. Schließlich wollen wir nicht so enden, wie die drei rüstigen, bäuchigen, aber sehr netten Franzosenpärchen um uns, die ihre Zeit absitzen mit Laub zusammenfegen, Boule spielen, Essen, Vorzelt fegen, Boule spielen, Planen sauberfegen, Boule Spielen und essen. Wir glauben, die machen einen Wettbewerb daraus, wer es am längsten noch aushält, denn auch hier findet sich langsam der Herbst ein. Der ewige Wind hält die Temperaturen im Zaum und vor allem die Mücken von uns weg (ohne Wind wären wir schon aufgegessen worden). Am Faszinierendsten waren die Morgende, an denen Maja uns so früh aus dem Bett schmiss, daß wir zum Meer stiefelten um dort die Sonne aufgehen zu sehen. Die Meereswellen bringen sie zum lachen und beim Fußbaden im Meer quietscht sie ganz aufgeregt und kickt mit ihrem berühmeten Fuß des Entzückens.
Maja schiebt jetzt schon den Kinderwagen alleine und kann an einer Hand ”gehen”. Nichts ist mehr sicher, wenn sie mit dem Laufwagen losrennt und das macht sie auch am Liebsten den ganzen Tag. Danach kommt: an Bäumen (und allen und allem anderen) ei-ei-machen, Paella essen, Mama und Papa die Wurst vom Brot klauen, Busfahren und auf Papas Schultern reiten. Ach, eigentlich ist es ja egal, wohin wir reisen, denn mit Maja an der Seite ist jeder Tag ein Erlebnis. Heute machen wir uns auf und fahren in die Pyrenäen. Davor besorgen wir uns noch ein Reiseführer von Spanien und vielleicht ein neues Navi. Und beten, dass wir das Geld von der Schiffsgesellschaft wiederbekommen…
Hasta la vista, nos amigos!