27) Tiefs und Hochs an der Adria

Oh Mann, Schreibblockade! Und so gar keine Lust auf Schreiben! Worüber auch!? Über die Adria-Meute, der wir nicht entkommen und in Duna Verde zwischen den italienischen Touristenhochburgen Jesolo und Bibione campieren müssen? Über den wiederholten Versuch unsere Gasflasche auffüllen zu lassen und die Italiener uns ähnlich wie unser Navi auf unmöglichen Wegen zum Ziel führen möchten? Immerhin fragt die Steffi, unser Navi, noch nach, ob wir mit dem Auto oder zu Fuss die Strecke bewältigen wollen. Der Rezeptionist dagegen war ganz entgeistert, dass wir unsere 5-Kilo-Gasflasche nicht zu Fuss, nein auch keine 200 Meter, schleppen wollen. Über den Verlust unserers Seesackes auf dem Busdach, dessen Inhalt wir Gottseidank weitgehends am Platz gelassen haben und der selbst nach dem fünften Mal Strecke abfahren nicht auffindbar war? Über einen total misslungenen Einkaufscenterbesuch mit viel Protest, einem überfüllten Kühlschrank, den Versuch die letzte Milch doch noch hinein zu bekommen und den traurigen Ende eines Tiramisus im Mülleimer? Über Wäsche, die ständig vom Regen überrascht wird? Über heftige Gewitter, die uns überraschen? Über Schokoladeneis, dass komplett auf dem Boden landet? Über Matthias, der komplett auf dem Boden landet, nachdem er mit Maja das Schokladeneis gerettet hat und sich neben sie auf den Kinderstuhl setzt, der anscheinend nur für Kinderleichtgewichte gedacht ist? Über den Versuch für unser Bauvorhaben den Baustrom zu bestellen, das man jedoch schriftlich machen muss, inklusive Lageplan und A3 Grundriss? Über den Versuch, das Moskitonetzt zu zerschneiden und es mit Panzertape und Wäscheleinestücken am Bus zu befestigen (naja, nicht schön, aber es funktioniert). Schreibenswert über Duna Verde sind eigentlich nur die aufmunternden Sprungtalente und Hüpfmäuse auf dem Trampolin. Während Maja wie ein Flummi ihr neugefundenes Trampolinhobbi austestet, kichert und strahlt Susanna, da sie durch das Umhergehüpfe, krabbelnd und purzelnd in die Luft gewirbelt wird.

Wir sind froh am Dienstag ein paar Kilometerchen weiterzufahren und aus dem Nichts-geht-mehr-Loch rauszukommen. Siehe da! Ein paar Orte weiter kommen wir zufällig an einem Copy-Shop vorbei, der uns den Grundriss in A3 kopiert, wir halten in einem kleinen Dörfchen, wo wir den die Baustromunterlagen ausfüllen und ich eine amüsante Begegnung mit italienischen Postschaltern habe. Matthias macht direkt in der Nähe einen Campinplatz aus und wir witzeln noch rum „Wirst seh’n, der hat sogar Internet bis zum Bus und nebenan kann man die Gasflasche auffüllen.“ Genauso war’s dann auch. In Aquileia werden wir wieder glücklich. Ein Campingplatz ohne Schnörkel und Hochglanz ganz natürlich und nach unserem Geschmack erwartet uns, und im Tante Emma laden gegenüber will Roberto uns am nächsten Tag die Flasche auffüllen. Das heißt für uns zwar wieder nicht weiterkommen, aber irgendwie wollen wir das auch nicht mehr so sehr. Lieber so wie in Marokko im Hier und Jetzt reisen. Wir fühlen uns ein wenig ziellos, was uns etwas unruhig werden lässt. Da wir wieder nicht weiterkommen, dämmert es uns schon, dass nicht viel Zeit bleibt um tief in die Türkei heireinzukommen. Marokko war immer schon unser heißersehntes Reiseziel gewesen. Jetzt haben wir eher das Gefühl, wir fahren durch den Balkan und die Türkei, weil halt sonst nichts anderes zur Wahl steht. Skandinavien? Zu viel Mücken, zu weit. Island wäre jetzt toll! Zu teuer. Italien runter? Joah, hmm, ein ander Mal. Vor allem wollen wir weg, von den üblichen Wohnmobilstrecken, möchten was entdecken, was Ungewöhnliches erleben, was Ursprüngliches. Wir versuchen den Zustand der Ziellosigkeit noch ein wenig auszuhalten und ich kann verraten, dass erst heute die Würfel gefallen sind. Gerade eben hier, eine Woche später in Kroatien. Da löst sich dann auch so manche Schreibblockade.

Doch zunächst verbringen wir einen Tag in Aquileia. Zum ersten Mal richten wir unseren Stellplatz danach aus, dass wir lange nach Internetempfang bis zum Bus hin suchen. Wir haben Glück und auch per Live-Ticker und Bayern 3 ist ein WM-Spiel, in dem die deutsche Mannschaft die Brasilianer plattmachen, mega spannend. Allein sitzen wir fiebernd auf unserem halben Quadratmeter im Bus klicken alle zehn Sekunden auf die Aktualisierung des Tickers, starren kichernd auf den Bildschirm, dessen Schreiber vor Aufregung die irrwitzigsten Wörter erfindet, wir gar nicht mehr mitkommen bei all den Toren und uns über die ganzen verschiedenen Tor-Ergebnisse wundern. Eben stand‘s erst 2:0 dann auf einmal 4:0 irgendwo bei Google, und als wir endlich das Internet-Radio finden heißt es „Tooor! 5:0!“. Unser WM-Fieber steigt, wobei Matthias doch irgendwo beim 6:0 einschläft und ich schon überlege, wo wir das Finale anschauen können.

Den Tag darauf fahren wir dann nach Duino, wo uns der berühmte Weg, der schon Rainer Maria Rillke inspiriert hat, über die Felsküste nach Sistiana bringt. Maja scheint seine Inspirationen zu übernehmen, den ganzen Weg singt und philosofiert sie hinten in der Trage, während wir vor lauter schwühler Hitze gar nicht mehr zum Denken kommen und uns nur ganz banal nach einem Eis sehnen. In Sistiana nehmen wir den Bus zurück, springen in unseren Bus und fahren wieder nach Sisitiana in die wunderschöne Strandbucht zum Planschen und Eisessen.

Am Donnerstag dann bekommen wir morgens unsere Gasflasche zurück und fahren durch den Regen wieder Richtung Triest. Wenn schon ein Superlativ auf unserem Weg liegt, dann nehmen wir den natürlich mit. Insbesondere an einem solch tristen Tag bei Triest: die Grotta Gigante! Die größte Natur-Tropfsteinhöhle der Welt, die man besuchen kann. Auch die Preise des anliegenden Bistros sind gigantisch und nachdem wir uns schon fertig gemacht haben, müssen wir eine gigantische Stunde Wartezeit absitzen, da natürlich bei dem Wetter wir nicht die Einzigen sind mit dieser gigantischen Idee. Wir allerdings sind die Einzigen, die in der Wartezeit einen gigantisch leckeren heißen Kakao im Bus genießen können um sich dann wieder einzureihen zu unserer gigantischen 100-Mann-Gruppe, die nun durch die gigantische Höhle geführt wird. Sie ist tatsächlich gigantisch und hält trotz gigantischer Touristen-Attraktion, was sie verspricht. Es geht 500 Stufen runter. Ein Tipp: immer als Schlusslicht der Giganten-Truppe gehen. Für Fotografen und Eltern sowiso, aber auch für diejenigen, die mal das Gefühl haben wollen, für einen kurzen Moment diese skurrile Katherdrale unter der Erde für sich zu haben. Dennoch weiß ein Jeder, dass wir da sind, denn schon nach den ersten hundert Stufen testet Maja die Beschallung der Höhle aus: „Echo!!! Eeeechooo!!!!“ und sobald wir stehen bleiben, übt auch Susanna sich in Protestbeschallung. Ein Wunder, dass alle Stalagtiten hängen bleiben. Für Maja müssen wir uns so Einiges ausdenken, da sie am Liebsten raus möchte, da hochklettern und da mal runterspringen (im Fernseher konnte man vorher sehen, wie ein Basejumper in die Höhle springt). Als uns anscheinend die Phantasie ausgeht nach „Kuckmal, der Stalagmit sieht doch aus wie ein Pilz/ Palme/ Baum…“ schreit sie durch den ganzen Saal: „Ich wollt niiieee in die Hööhleeee!“ Gottseidank sagt sie nicht wie sonst „Karotten-Höhle“. 500 Stufen wieder rauf und selbst bei nur 11° Grad ein schweißtreibende Angelegenheit mit einer händchenhalten wollenden Maja und einer hungrigen Susanna. Wir beschließen auch heut nicht mehr weit zu fahren und geben bei der Steffi den nächsten Campinplatz an. Ich habe mir extra den ADAC-Campingführer für Südeuropa von meiner Mama mitbringenlassen um für die Balkanstaaten wenigsten ein paar Anhaltspunkte zu haben. Jetzt benutze ich ihn zum Aussortieren von Übernachtungsplätzen und such extra nach Plätzen, die Erstens nicht am Meer liegen und Zweitens nicht im Führer stehen. Das Ergebnis: Steffi führt uns über die Grenze nach Slowenien. Wir passieren ein kleines, verfallenes Grenzhäuschen und fühlen uns sofort wohl in diesem Ländchen. Mal wieder ärgern wir uns über die verrückten Wege und nichtvorhandene Banken zu denen unser Navi uns führt. In einem kleinen Dörfchen am steilen, engen Gässchen neben der Kirche gibt’s dann kurz ein kompliziertes Vorbeiwurschtelmanöver mit einem BMW, wobei im Gegensatz zum Vorbeiwurschtelmanöver am steilen Abhang in Brenzone hier unsere Seitenspiegel unberührt bleiben. Und finden uns im kleinen Örtchen Osp wieder, wo wir einen liebevollen, kleinen Campingwiesenplatz vorfinden mit der süßesten Mizi, der Welt, einer schönen Kletterfelskulisse, ein paar wenigen Quechua-Zelt-Campern und weit und breit kein Wohnmobil. Schön so ziellos zu sein!

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Die Autorin

Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri

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