Wir nähern uns daheim. Zwar trennen uns noch Meilen von Zuhause, doch möchten wir morgen abend schon ankommen. Ankommen in unserem großen Bett, eigenem Bad, eigener Dusche, eigenem Klo, eigenem Parkplatz, eigener Waschmaschine und eigenem Wasserhahn. Wir brauchen etwas worauf wir uns freuen können, also erzählen wir uns von dem großen Kühlschrank, der dauerhaft kühlt und dessen Inhalt wir nicht immer wieder austauschen müssen, weil wir gerade zwei Wildcamping -oder Hotelnächte hatten. Von unserem Kamin, den wir bestimmt sofort anschmeissen dürfen, dass es ja viel schöner ist dort zu leben, wo es noch Jahreszeiten gibt anstatt Dauersommer mit Dauerdürre, sowie wir lieber ein Sommer mit Regenzeit haben als ein Sommer mit Waldbränden. Von einem Winter mit bestimmt ganz viel Schnee, von verregneten Herbsttagen mit heißem Kakao, von einem Schrank voller Klamotten, von Freunden und Familie. Obwohl wir auf dieser Fahrt schon sehr oft getrauert haben nicht mehr Zeit zu haben um all die kleinen Oasen auf unserer Route intensiver zu entdecken, und noch mehr getrauert haben nicht in Marokko gewesen zu sein, so sind wir doch sehr stolz, diese Reise überhaupt trotz Hochzeitsvorbereitungen und Busrestaurierung erreicht zu haben. Wir durften ein Land entdecken, dass für uns bisher uninteressant gewesen war und uns nun in seinen spanischen Bann gezogen hat. Selbst in den letzten zwei Tagen gab es noch immerhin zwei Oasen, in die es uns verschlagen hatte. Wenn es nach Matthias und mir gegangen wäre, wären wir dran vorbeigefahren, doch wie so oft haben hier Maja und der Bus das Kommando. Gottseidank hat auch diese stundenlange Irrsuche nach einer Bleibe für die Nacht ein Ende gefunden. Campingplätze liegen wieder dort, wo sie sein sollen und haben sogar geöffnet, und das, wir müssen uns das immer wieder vor Auge halten, im Oktober, der heiße Spätsommer in Spanien und Frankreich. Nachts purzeln die Temperaturen zwar auf knapp 5 Grad, aber Matthias hat den Bus so gut isoliert und wir drei kuscheln so nah beieinander, dass es gar nicht kalt wird. Nur morgens, wenn wir mal wieder versuchen noch vor der Sonne um 6h30, 7h, oder 7h30 aufzustehen, kann uns das Outdoorleben da draussen noch nicht ganz überzeugen
So verschlägt es uns auf Majas Anraten hin an einem Abend auf einen kleinen Campinplatz bei Salamanca. Endlich nochmal normales, gemütliches Camperdasein mit Majas Erkundungsläufen auf dem Platz, Essen kochen, Majas Spielzeug auspacken, Ins-Bett-geh-Camping-Routine und einer vertrauten Nacht unter den Sternen.Die Rezeptionistin schwärmte, dass Salamanca wirklich sehenswert ist mit seiner alten Innenstadt und einer der vier ältesten Universitäten Europas neben Barcelona, Cambridge und die vierte bekommen wir nicht mehr zusammen. Wir bekamen zur Belohnung für unsere Entscheidnung den halben Tag in dieser Stadt zu verbringen sogar einen Parkplatz nach nur 15 Minuten Suche und ein traumhaft, sonniges, altes Salamanca voller Frösche. Äh ich meine Studenten. Frösche auch in allen Herrgottssouvenirformen, die man sich vorstellen kann, weil irgendwo in dem Wappen der Uni ein Frosch throhnt, den ich bis heute noch nicht entdeckt habe. Während wir durch unsere Fotolinse schauen, Empanadas essen und nach Erinnerungssouvenirs schielen, schiebt Maja derweil seelenruhig ihren Kinderwagen über die Plaza Major. Da sie nun weiß, wie man aus dem Wagen aussteigen kann und sie ihn selber schieben muss, entdecken wir die Welt in einem anderen Tempo, und das ist es wert! Seit wir mit Kind unterwegs sind, werden wir überall mit einem Strahlen empfangen, die Menschen gehen begeistert an uns vorbei, jeder hofft auf ein Winken oder Lachen von Maja und wir haben die Freikarte in Restaurants rumzukleckern. Wer glaubt Deutschland sei kinderfreundlich (ha!) sollte mal nach Spanien!
So, nun habe ich mich gerade auch meiner vorletzten Zwiebelschicht entledigt. Kaum zu glauben, dass wir Oktober haben! Momentan fahren wir wieder durch die französische, etwas eintönige Landschaft von Bordeaux nach Limoges und der Tag wird immer heißer. Da wir ein Solartronics Power Inverter haben an Board, der Strom vom Zigarettenanzünder auf 220 Volt hochpusht, und wir ja schließlich alles mal nutzen müssen, was wir so mitschleppen, schreibe ich schlauerweise mal während der Fahrt statt um Mitternacht. Und die Landschaft reisst einen nicht gerade vom Hocker. Schlimmer war es dar allerdings auf den drei Tagen durch Westspanien an denen ich alle hundert Kilometer immerhin ein Foto aus dem Bus mache, damit die Kamera nicht einrostet. Drei (oder waren es vier?) Tage lang die gleiche Landschaft, nämlich nix! Unbemerkt waren wir zwar irgendwie auf 800 Meter hochgefahren, doch auch auf dieser Höhe in Extremadura gibt es extrem nichts zu sehen außer trockene rotgraue Erde, vereinzelnd niedrige Bäume, blauer Himmel, Sonne und Flachland wie in Holland. Kein Leben außer den armen Stierherden. Von was ernähren sich Stiere eigentlich? Gras kann es nicht sein. Für Luft und Liebe fehlt die bessere Hälfte. Wahrscheinlich kommt ab und zu aus dem nächstgelegenern Ort in nur 150 Kilometer Entfernung ein Bauer und schmeisst nen Heuballen ab. Überraschenderweise fanden wir in der nächsten Nacht bei Miranda ein kleines Dörfchen zwischen den ersten Felsen seit Gibraltar mit Campinplatz und zwar auf Anhieb!
Das war wohl ein kleiner Zufallstreffer (danke Maja, denn eigentlich hatten wir gehofft viel weiter zu kommen). Nach dieser Schlucht kam dann wieder gähnende Leere. Kurz vorm Durchdrehen fuhern wir durch einen kilometerlangen Tunnel hinter Vitoria, und landeten in den kanadischen Alpen. Urplötzlich waren wir in den baskischen Bergen vor der Nordküste Spaniens angelangt und fuhren durch Hxtikia, Extrotxikhata, Mnbighti, Xnxxtzitzi, Itzy, Bitzy (Tiniwinihololulustrandbikini) über dnxia, Ghaladxtxtxtiki nach Zadautz. Maja war für eine Pause und ich war für Meer. Wir suchten uns das kleine Surferörtchen Getaria aus und fanden eine weitere Oase, die wir sicherlich nicht das letzte Mal besuchen werden. Überhaupt das Baskenland mit seinen Bergen an wilder Küste und seiner eigenen Sprache verschlägt uns ebendiese. So bleiben wir direkt mehrere Stunden, spazieren am wilden Meer entlang, essen leckeren Fisch, bauen Sandburgen, baden quietschend im Meer, lassen uns von den Wellen tragen und freuen uns noch einen so schönen Abschluss am sonnigen Atlantik zu haben. Irgendwo unterhalb von Bordeaux finden wir direkt unser einfaches Nachtlager.
Apsopos Strandleben, ich wollt noch kurz was erklären, bevor mich alle für Banausen halten. Natürlich möchte ich niemand durch den Kakao ziehen, der einfach ein I-Phone hat, ein I-Pad oder ein I-wasweißIchdenn. Ich trage ja auch ein Goldkettchen. Aber ihr selber hättet über diese Klischee-Szenerie an Marbellas Stränden gelacht, wenn alles zusammenkommt, was so zu einem wichtigen Schickerialeben dazugehört. Kennt ihr die Geissens? Na dann wisst ihr wen wir da alles antreffen konnten, die würden sich dort wohl fühlen.
Den heutigen Tag wollen wir dann ausnahmsweise mal einfach nur Kilometer hinter uns bringen. Es zieht sich gerade dahin, Maja hat ihren Spaß hinten und quatscht mit sich selber und ihren Socken. Und ich hab nun leider nichts mehr zu schreiben, da wir bei Status Quo angekommen sind. Unser Plan: heute noch sehr weit durch Frankreich, hoffentlich bis kurz vor die Grenze, dabei so wenig Autbahngeldwäschereien wie möglich unterstützen, sich durch zwei undurchsichtige, französische Landkarten lesen (schade, den spanischen Autoatlas kenne ich nun auswendig und wir habens geschafft fast jede Seite einmal zu befahren!), mindestens ein Supermarche und ein Decathlon sowie ein Spielplatz passieren, Kakao trinken, Gummibärli essen. Ca y est!