13) Crisan – Tulcea – Piatra Neamt

Oh Mann, die Nacht war grausam! Die haben noch bis etwa zwei Uhr gefeiert und ich konnte kein Auge zu machen. Dann kam auch noch das Sodbrennen dazu, und in beiden Nachbarzimmern, die die üblichen, dünnen Wände hatten, wurde noch schrecklich gehustet. Scheint ja gesund zu sein, die ewige Raucherei. Machte wohl doch kaputtt in Kopf. Das ganze Zimmer schien schon nach Rauch zu riechen, ich wusste nicht wie ich mich hinlegen sollte, weil die Matratze mir die Stahlfedern in meine Hüften schob und dann lärmte auch noch die Mini-Bar um uns herum. Wir suchten das ganze Zimmer ab, um mir irgendwas in die Ohren zu stopfen, doch es half nichts. Ich bekam eine regelrechte Wut auf dieses nervige, rumänische Volk und verfluchte einfach alles. Matthias kraulte mich irgendwie in den Schlaf und am Morgen, selbst um sechs Uhr und mit nur lauwarmen Wasser zum Duschen, sah die Welt schon ganz anders aus. Die Sonne schien in den stillen Frühstücksraum und wie bei unserer Ankunft waren wir ganz alleine mit dem älteren Patron und dem lustigen Koch, was die letzte Partynacht schnell vergessen ließ.
Auf unserer Reise scheint Frieden eingekehrt zu sein in die chaotische Welt um uns herum. Alles klappte wie am Schnürchen. Wir kamen trotz der Tsunamiwelle eines Frachters in dem knapp bemessenen Kanal rechtzeitig mit der Nussschale am Bootssteg an und betraten kurze Zeit später ein großes, leeres Schiffsdeck, wo wir uns die Stühle Richtung Sonne platzierten, alte Bekannte von der Hinfahrt wiedersahen und ich noch einen sensüchtigen Blick zu unserem Froschgequake-Balkon werfen konn. Drei Stunden lang einfach nur frische Luft, leises Tuckern, tolle Aussicht, Sonne, Sitzplatz und Nichtstun. Was für ein Reichtum! In Tulcea wartete unser Auto ungeduldig, unversehrt und weiterhin total verdreckt, und wir machten uns sofort auf eine ruhige Autofahrt nach Piatra Neamt Richtung Bukowina.
Auf dem Weg beobachteten wir die Familien, die zu Ostern alle in die Natur fahren und auf großen Picknickdecken den Tag verbringen. In malerischen Dörfern blühten überall Obstbäume und die Menschen sitzen stundenlang vor ihrem Zaun auf der hauseigenen Bank und plaudern oder beobachten die Autos. Wir fuhren die Landstraße entlang und ein Dorf reihte sich an das nächste wie bei einer Perlenkette. Manchmal tauchten alte Fabriken im Hintergrund auf, die als hässliche Ruine das Szenario irgendwie unwirklich erschienen ließen. In den kleineren Städten, die wir passierten staunten wir wieder über die Faszination der verrosteten, zerbröckelnden Plattenbauten, die die ganze Stadt einnahmen. Irgendwie kaum vorstellbar, wie das Leben noch zu kommunistischen Zeiten gewesen sein muss und auch wie man jetzt dort so leben kann. Alles ist gleich, und auch gleich arm und gleich herunter gekommen. In den Dörfern dagegen ist man bestimmt auch arm, aber die Menschen streichen ihre Häuschen in den unterschiedlichsten, strahlenden Blau- und Grüntönen und machen meistens irgendwas aus ihrem erdigen Hof. Die Pferdefuhrwerke dienten heute als Familienkutsche und jetzt sah man endlich auch die Kinder draußen rumtoben, in hübschen feinen Festklamotten.
Nach sechs Stunden erreichten wir unser Ziel, umringt von bewaldeten Hügeln und bei immer noch sommerlichen Wetter. Wir kamen gar nicht auf die Idee, dass wir direkt Erfolg haben könnten mit unserer Zimmersuche. Doch in der Nähe eines Sees fand sich eine saubere, ruhige Pension mit einem Zimmer, dessen Bad nicht direkt sein eigenes Wasserdelta auf dem Boden bildete. Durch diese fehlende Wasserader scheint das Internet mal wieder nicht zu funktionieren, dafür werden vielleicht unsere Träume nicht so wild, wie seit Beginn der Reise.
Geduldig suchten wir einen Laden oder Tankstelle, die uns vielleicht Milch oder Kakao verkauft, was natürlich nicht klappte uns aber kalt ließ (zumindest versuchte ich nicht drüber nachzudenken). Erst im Restaurant hätte ich fast einen Anfall bekommen, weil die Kellner nicht direkt und sofort auf uns reagierten. Matthias lachte sich kaputt, bei dem hält die Geduld anscheinend länger an. Aber wir erwischten genau den Kellner, der nun wirklich der allerallerlangsamste der Welt war. Wir sind ja nun schon gewohnt, dass man den Rumänen alles aus der Nase ziehen muss. Doch als wir dann erst nach Salatsoße fragen mussten zu unserem bestellten Salat, knallte eine ungeahnte Sicherung bei uns durch und wir mussten ziemlich lange und laut Tränen lachen: über uns, wie wir wohl auf die genügsamen Rumänen wirken mit unseren drei Vokabeln, aber auch über die gewöhnungsbedürftige Art der Rumänen einen Gast zu bedienen und natürlich immer wieder über Signalshirt.

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Die Autorin

Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri

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