5) Predeal – Bran – Cheile Gremisuara

So langsam kommen wir rein ins Reisen. Wir lernen Land und Leute besser kennen und wissen wie sich rumänisch anhört, was noch weit davon entfernt ist, dass wir es verstehen. Wir sprechen mittlerweile etwa sechs Wörter rumänisch, (multumesc, paine, da, nu, apa, buene ziue) wobei wir bis heute uns der Aussprache nicht sicher sind, geschweige denn wie man es schreibt, und können holprig bis zehn zählen. Meistens verfallen wir in ein Mix aus englisch und spanisch sowie bayrisch (siehe Matthias). Aber wir gehen mittlerweile auf die Menschen zu und schauen was für ein Kauderwelsch uns diesmal weiterbringt.
Da wir das Land nun mehr einschätzen können, bringt uns ein Pferdefuhrwerk oder Überholfreak nicht mehr so schnell aus der Fassung. Es hat auch aufgehört zu schneien, was bedeutet alle Straßen sind frei, die Landschaft traumhaft verschneit, nur die Berggipfel sind noch von Wolken umgeben und ab und zu regnet es ein wenig. Wir sind mit Handschuhen, Mützen und dicken Jacken bewaffnet. Beim Packen zuhause waren wir uns nicht sicher ob, wir das wirklich brauchen und fast wäre alles mit den Winterreifen daheim geblieben.
Ich entspanne mich endlich und mach mir nicht mehr so viele Gedanken über unsere Reiseplanung und wieviel Zeit uns eigentlich bleibt. Da bin ich leider immer wieder sehr gut drin. Man muss das Leben eben so nehmen wie es kommt, so mein schlauer Matthias. Wenn man an diesen Punkt ankommt, merkt man erst wie die Sache mit dem Universum wieder funktioniert, so ich. Wenn irgendwas nicht klappt, dann nur deswegen, weil das Universum was Besseres für uns bestimmt hat. Nur nicht zu große Pläne machen, denn die funktionieren eh nicht. Genauso haben wir heute auch unsere Unterkunft gefunden. Wir befinden uns in einem kleinen Bergdorf inmitten einer Schlucht in den Karpaten. Wir beschlossen kurzerhand hier zu bleiben und morgen weiterzufahren. Erst in der dritten Pension fand sich ein Ansprechpartner auf, und das Zimmer ist nicht nur das bisher Preiswerteste sondern auch das bisher Schönste. Alles sauber und in knalligen frischen Farben, mit einer tollen Aussicht vom Balkon und kein Verkehr. Es wird nur noch spannend, inwiefern sich die kleine Partyeinheit unten bei den Nachbarn entwickelt und wieviel Hunde auch nachts die Fußgänger sowie Mopedfahrer anfallen.
Die Straßenhunde sind hier ähnlich wie in Südamerika einfach ganz liebe Tiere und insbesondere die kleinen Welpen zerreißen einem das Herz. Da gibt man gerne noch das letzte Stück Brezen her um die Kleinen noch über den Winter zu bringen, selbst wenn sie aus lauter Dankbarkeit oder Habgier einem die Eine von zwei Hosen verdrecken.
Auch haben wir uns vom Restaurantessen entfernt, denn die Leute hier verkaufen einfach sehr leckeres selbstgebackenes Brot und selbstgemachten Käse. Da kommen wir mit einer ordentlichen Brotzeit ganz auf unsere Kosten. Leider macht mein Magen wieder etwas Probleme und ich trauere seit Tagen meiner Wärmflasche hinterher, die ich nach dem ersten Gebrauch in der Horror-Sodbrennnacht seelenruhig im Bett hab liegen lassen. Matthias versuchte mich zu trösten, indem wir einfach eine Neue kaufen werden. Leider gibt es in ganz Rumänien keine Wärmflaschen. Beziehungsweise mittlerweile gibt es ja Eine: Unsere. Und die wird ganz bestimmt als Erfindung des Jahres im ganzen Land berühmt. Hmm, vielleicht steckt da eine Importmillionengeschäftsidee dahinter…
Cheile ist gar nicht weit von Predeal entfernt, von wo wir uns endlich verabschieden konnten, nachdem Matthias unser Auto nochmal schweißtreibend ausgraben musste und er und Auto daraufhin eine dankbare Komplettdusche eines netten PKWs bekam, der durch die benachbarte Megadreckpfütze raste. Seitdem sieht der VW gottseidank mal nach Abenteuer-Reisemobil aus. Von aussen und von innen, denn bei der Dusche standen die Türen offen. Wir sind heute nur ein paar Kilometer bis nach Bran gefahren, wo wir Draculas Schloss besichtigt haben und einige Touris. Wir krabbelten durch kleine Treppenaufgänge, erkundeten die Schlosszimmer und genossen den Ausblick von den verwinkelten Balkonen und Terrassen. Dracula muss ganz schön klein gewesen sein. Aber ursprünglich gehörte das Schloss mal irgendwelchen Königen und einer Maria, aber diese kulturellen Infos ließen wir links liegen, den Kulturtag hatten wir ja gestern schon eingelegt.
Vor dem Schloss befand sich ein typischer Schnickschnacktouri-Markt, an dem wir natürlich nicht vorbeigehen konnten. Noch von Südamerika gewohnt, fingen wir prompt das Handeln an. Matthias versuchte was zu erstehen, doch die alte Rumänin schien zunächst tierisch überrascht, dass man an ihrem Schafwoll-Stand etwas kaufen kann. Sie war wohl nur der Platzhalter und so musste eine Nachbarin mit dem Verkäufer telefonieren um den Preis zu ermitteln. Handeln? Keine Chance, Chef ist ja nicht da. Na gut, weil das Schauspiel so sympathisch war, zahlten wir auch den normalen Preis, was immer noch ein Schnäppchen für uns Wessis war. Am nächsten Stand zog der Verkäufer eine derart unfreundliche, beleidigte Mine als wir das Handeln anfingen, da konnte er uns den Buckel runterrutschen. Dafür erstand ich ein süßes, selbstgestricktes Jäckchen für die Maja, zwar ohne Handeln, aber bei einer netten Dame.
Und dann kam der Stand, der uns schon auf dem Hinweg aufgefallen war. Zwischen all den anderen Käse- und Wurstständen war ein kleines Tischchen aufgebaut mit zwei-drei Käsesorten und dahinter auf einem klapprigen Stuhl saß eine alte, runde, rumänische Bilderbuchmama. Mit einem Strahlen empfing sie uns als sie verstand, dass wir zu ihr wollten, übergoss sie uns mit einem enthusiastischen Wortschwall. Keine Ahnung was sie uns alles erzählte, allein ihre Gestik und Mimik zog uns in den Bann, und ihr Käse schmeckte wirklich gut. So schnitt sie uns mit einem Garnfaden ein zweites Riesenstück Käse ab nachdem das Erste (noch größere) zu Boden gefallen war. Mit dem Käse in unseren Händen winkte sie uns weg und schickte uns irgendwohin, wo wir es anscheinend erst wiegen sollten. Ihren Handbewegungen folgend wählten wir dennoch den falschen Konkurrenten, und aus den Augenwinkeln sahen wir sie aufgebend wieder mit den Händen fuchtelte gleichzeitig lachend und kopfschüttelnd. Auch wir fühlten uns leicht verwirrt, doch mit säuerlicher Miene wiegte die Konkurrenz den Käse und schmiss uns ein „Eleven!“ samt Käse entgegen. Eleven was denn??! Gramm, Kilo, Euro, Lei? Zurück bei der alten Frau, war auch ihr das unangenehm, dass wir die falsche Waage erwischt hatten, aber alle Drei mussten wir lachen und Hauptsache wir haben den Käse und zwar von ihr.
Nach ein wenig Rumgekurve in der Gegend fanden wir auch endlich Kartoffelbrot in einer einheimischen Patisserie und  die holprige durchlöcherte Straße zu unserem Bergdorf. Wir picknickten noch im Auto an einem Fluss und leiten nun den Abend mit einer weiteren Brotzeit und heißer Schoki ein… Jaa, manchmal denken wir doch an alles.

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Die Autorin

Gestaltung und Texte entspringen meistens aus meinen wirren Gedanken. Fotos, Lektorat und Kritik fallen in Matthias‘ Bereich. Geht aber auch anders herum. Schreiben und kreatives Zeug gehören zu meiner Leidenschaft und ich freue mich, wenn ich Menschen dadurch zum Lesen, Reisen, Träumen, Nachdenken oder Schmunzeln bringe. Viel Freude also hier auf unserer Familien-Reise-Abenteuer-Seite! Eure Miri

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