21.-24.11. Ushuaia Wow! Ich bin auf dem Weg bis an das offizielle Ende der Welt. Ushuaia, die suedlichste Stadt der Welt, am Suedzipfel von Suedamerika direkt beim Cap Horn. Ich kanns kaum glauben, und freu mich auf diesen ungewoehnlichen Ort. Zunaechst geht es durch die patagonische Steppe nach Rio Gallegos am Atlantik, ein nicht erwaehnungswuerdiger Ort der einfach nur zum Uebernachten dient oder zum sich-verrücktmachen, weil ich dachte ich hätte mein Portemonaie im Reisebus liegen lassen, mit dem Taxi schnell wieder umkehern, suchen, suchen, suchen (kennen Matthias und ich zu genüge) um es dann im Rucksack zu finden. Am naechsten Morgen springen wir dann voller Vorfreude in den nächsten Bus der uns mal eben kurz ueber die argentinsch-chilenische Grenze sowie wieder ueber die naechste chilenisch-argentinische Grenze nach Feuerland bringen soll ohne eine Vorstellung wie Tierra del Fuego ueberhaupt aussieht. Aus sicheren Backpacker-Quellen weiss ich jedoch, dass es ziemlich unspektakulaer sein muss und man besser nicht laenger als ein Tag dort bleiben sollte, weils dort nichts gibt und Ushuaia auch sehr langwelig sei und einfach nur kalt und ganz schoen schlechtes Wetter. Diese irrenden Irren! Backpacker sind halt auch nur Menschen, die unbedingt immer eine Meinung haben und die ist meist ganz schoen wichtig, selbst wenn sie gar nicht dagewesen sind. Am Wichtigsten sind natuerlich die, die so was wie Reisefuehrer-Buecher, insbesondere den Lonely Planet, bewusst boykottieren, um auch ja individuell zu reisen und dann doch an den gleichen Orten landen wie die mit Buch, nur das die mit Buch schon vorher wussten, dass sie an einem Geheimtipp landen. Wir machen’s nochmal anders: wir zerlesen unsere Buecher von vorne bis hinten, hoeren zwangslaufig ein paar Stimmen zu den Reisezielen und befragen dann doch unseren Bauch, reisen der Nase nach und begeistern uns fuer die Ziele, über die Buch und Backpacker die Nase ruempfen udn koennen sowiso an fast jedem Ort was Einmaliges entdecken (mit Ausnahme von Calleta, ich kann’s nicht oft genug erwaehnen). Doch waren wir ja noch nicht da, an unserem ganz persoenlichen, individuellen Weltende-Geheimtipp.
Chilenische Grenzuebergaenge sind fuer sich schon einen Artikel wert. Das reinste Chaos, wo man nicht weiss in welche Schlange man sich eigentlich stundenlang anstellen soll (natuerlich grundsaetzlich erstmal die falsche), um dann in den Bus zu steigen, ohne einen Meter weitergefahren zu sein wieder aussteigt um sich an die argentinische Schlange anzustellen. Grosszuegig gerechnet brauchten wir 2 Stunden fuer die eine chilenische Schlange um auszureisen und 1 fuer die Einreise nach Argentinien. So kriegt man seinen Stempelpass auch voll. Wir sitzen 5 Stunden im Bus und fahren durch Chile ohne auch nur einen Fuss aufs geheiligte Land zu setzen, aber wehe man schmuggelt ne Apfelsine ins Land oder aus dem Land raus, wo auch immer man die ploetzlich her haben sollte, denn im Bus kann man bekanntlich keine Orangen pfluecken und das gelbe Flachland um uns herum ist auch nicht gerade bekannt fuer seine Orangen-Plantagen. Doch mit Logik kommt man hier in Suedamerkia sowieso nicht weit und dem unverstaendlichen Kopfschuetteln mit Dackelstirn und Fragezeichen mit dem Wunsch den Latinos mal Organisation, Management und Marketing zu erklaeren, ist mittlerweile einem hoffnungslosen, geduldigen Laecheln gewichen.
Waehrend im chilenischen Feuerland uns noch Steppe und Himmel mit wilden Wolkengebilden, Sonne und Regen begleitete, aendert sich die Landschaft immer mehr je weiter wir Richtung Ushuaia ankommen. Ploetzlich tauchen Berge mit Schnee auf, wir fahren an Seen vorbei, wilde Waelder umgeben uns und ich kann mich gar nicht mehr sattsehen an dieser Natur. Ich wusste nicht dass es ueberhaupt Berge hier gibt und jetzt das! So was! Ich halt schon nicht mehr still auf meinem Platz und springe mit meiner Kamera von der einen Seite des Busses auf die andere um ja nichts zu verpassen. Und ploetzlich kurven wir noch ueber eine Pass um einen Berg herum und sind auf einmal da. Das Meer mit ein paar vorgelagerten bergigen Inseln grenzt direkt an die schneebedekten Berge und wie in einem Anphitheater liegt Ushuaia, ein kleines Staedtchen voller Restaurants, Outdoorlaeden und Pinguinsouvenire in den Bergen und am kleinen Hafen warten die robusten Expeditionsschiffe, die in die Antarctic fahren. Es dauert nicht lange und ich habe ein neuen Reisetraum gefunden: einmal in meinem Leben mit so einem Schiff in die Antarctic. Doch vorerst muss ich mich mit einer Postkarte zufrieden geben.
Die Tage am Ende der Welt und am Ende meiner Reise vergehen viel zu schnell. Weil uns Feuerland so sehr gefaellt, verschieben wir den Flug um einen Tag. Das Whale Watching hatte ich in Neuseeland ja schon aufgegeben, aber Pinguine fehlen noch auf meiner Liste und wo wenn nicht hier eine Tour durch Land und Meer mit dem Ziel einem Pinguin bis fast auf Streichelnaehe herankommen? Bisher schien die Sonne, der Wind war zwar kalt, aber von schlechtem Wetter keine Spur. Nach einer ruhigen Gelaendefahrt steigen wir auf ein Miniboot um, wo uns Wind und Regen ploetzlich um die Ohren pfeift. Gottseidank ist es nicht weit und schon landen wir mit dem Muellhemer Boetsche am Ufer einer kleine Insel, wo die Pinguine schon hin und herwackeln. Mit unserer kleinen Gruppe koennen wir tatsaechlich uns auf dem Hosenboden bis auf etwa 3 Meter heranrutschen. Mehr duerfen wir nicht, aber gut dass das die neugierigen Pinguine nicht wissen, die neugiereig auf uns zu wackeln. Danach begeben wir uns auf einen kleinen Spaziergang ueber das Inselchen und koennen mit dem noetigen Respect-Abstand Brutplateze und fleissige Pinguine beim Nestbau, Schlafen und im Wasserplantschen beobachten. Einfach toll! Und absolut witzig, wie in einem schwarz-weiss Sketch-Film. Leider wurde es so richtig ueselig kalt und nass und Matthias geht es schon den ganzen Tag nicht gut. Wie koennen die Viecher nur voller Freude bei ins Wasser rennen und Spass haben, waehrend ich vor Kalte und Regen am ganzen Koerper schlottere?! Uff, ein paar Stunden spaeter koennen wir uns bei suedlichsten Lammessen aufwaermen. Die suedlichste Schoki muss noch warten denn die suedlichste Chokolateria hatte schon zu und Tee ist sowiso besser fuer angeschlagene Maegen.
Am naechsten Tag schon wieder Sonne! Wer hat eigentlich behauptet hier in Ushuaia gibts weder was zu sehen noch Sonnenschein?! Das ist wohl der beruehmte Unterschied zwischen schauen und sehen. Wir koennen uns kaum entscheiden was wir als naechstes Tun sollen. Gletscher? Suedlichste Bahnfahrt mit dem Tren del Fin del Mundo? Natitional Parc? Nachdem wir erstmal das Hostel wechseln mussten, entschieden wir uns fuer den Park. Doch irgendwie ging alles viel zu schnell: Packen, Hostel wechseln, Bus kriegen und so war die erste Aktion im Park: essen! Mensch, hatten wir Hunger. Si si, und dann noch den leckeren Jugo natural de naranja, bitte, und so kamen wir zu dem suedlichsten, aber auch teuersten Mittagssnack. Die Stunden vergingen schnell, mit dem suedlichsten Verlaufen, meinem suedlichtsen Klamottenschichtenwechsel, dem suedlichsten Power-Nap mitten in der Natur, dem suedlichsten Biberbau, dem suedlichsten Foto am letzten Ende der Panamerikana und der suedlichsten Rueckfahrt. Der suedlichste Kakao musste wieder warten, suedlichstes, schlechtestes Timing, aber dafuer leisteten wir uns dass suedlichste und leckerste Sushi. Nach der letzten suedlichsten Nacht folgte der suedlichste Shopping-Tag, denn die suedlichsten Outdoor-Laeden musste ich einfach mal durchforsten und siehe da! Kurze Zeit spaeter bin ich im Besitz der suedlichsten Snowboardhose vom Ende der Welt! Grins. Endlich koennen wir die suedlichste und kostbarste heisse Schoki der Welt geniessen sowie das suedlichste Omelett und den suedlichsten Chef-Salat. Gestaerkt begeben wir uns an die Challange, wer kann am suedlichsten Steine werfen und wer spuckt am suedlichsten. Unentschieden.Vertraumt schauen wir noch unseren Spuckfetzen hinterher und wuenschen ihnen eine gute Reise. Wenigstens ein Teil von mir ist auf dem Weg in die Antarktis.