15.-20.11. El Chaltén
Puuh, gaehn. Tatsechlich. Ein paar Minuetchen geschlafen und draussen wirds anscheinend hell. Meine Fuesse sind mittlerweile der waermste Teil von mir, vielleicht haett ich mal komplett im eisigen Fluss baden sollen und dann erst als Klamotten-Zwiebel in den Schlafsack kriechen. Draussen schneits immer noch und wir versuchen noch den Moment rauszuzoegern uns aus den Kokons zu schaelen. Allerdings schreien die Gelenke nach Bewegung und so starten wir unser “Fruehstueck im Bett” und mit aller Zeit der Welt in der Tasche bereite ich eine Stunde lang Guacomole im Topfdeckel vor um echtes suedamerikanisches Fruehstueck zu geniessen, hmmmm. Zelt ist schnell eingepackt und die letzten Beweise unseres Aufenthalts vernichtet die hiesige Spatzenpolizei. Berge sind zwar noch nicht in Sicht, dafuer bessert sich das Wetter und wir schieben die Entscheidung, ob wir tatsaechlich die gesamte Runde von weiteren 25km wandern sollen, vor uns her. Gestern warens ja nur um die 15. 10 Minuten spaeter ist die Frage schnell geklaert, wir haben noch Weingummi gefunden, die Sonne zeigt sich ab und zu und die Haelfte der Klamotten befindet sich schon wieder im Rucksack. Was man anfaengt sollte man auch zu Ende bringen und die Knochen fuehlen sich auch wieder richtig fit an. So wandern wir zunaechst sehr gemuetlich an den Bergen vorbei durch ein farbenfrohes Tal, wo der Fruehling aus den Loechern kriecht. Die Sonne schaut oefters mal vorbei, Straeucher und Baeume zeigen ihr erstes knalliges Gruen, die Seen schimmern tuerkis und die Voeglein zwitschern, nur hinter uns toben noch immer Nebel, Schnee und Sturm am Fitz Roy. Zu Mittag gibts nochmal eine verbessertes Rezeptur unserer Pasta und schleimige Gemuesesuppe, die wir dann doch lieber der Natur ueberliessen. Weiter gehts gemuetlich durch Waelder und Straeucher und dann steil bergab bis wir endlich an die Weggabelung kommen wo die naechste Entscheidung anstand: zusaetzlich “mal eben” zum Gletscher und Cerro Torro? Na klar, wofuer sind wir sonst hier. Aus Erfahrung wird man schlau und so verstecken wir sofort unsere Rucksaecke und begeben uns ueber Stock, Stein und Wurzeln auf den Weg. Hab ich schon erwahnt, dass wir eigentlich keinen Schlaf hatten, ich die gesamte Nacht gefroren hatte und wir immer wieder die Muedigkeit im Koerper spuerten? Leider haelt einen der Rucksack irgendwie aufrecht und waermt den Ruecken, ohne ist es fast anstrengender und mein Ruecken war nun deutlich spuerbar. Nur noch 10 Minuten durch die Muraenen und ueber eine kleine Kuppe und dann siehmaleiner an, ein Gletscher. Hmm ja, nee schoen. Berg ist auch dabei, wenn auch in Wolken und auch ein See mit Eisschollen. Ja toll. Achja, Fotos machen nicht vergessen. Oje, unsere Begeisterungsfaehigeit geht den Bach runter, wir sind etwas muede und nach so viel Bergen und Gletschern freuen wir uns eher auf ein Bett und ne Dusche.
Doch es vergehen keine 10 Minuten auf dem Weg zurueck und mir wird urploetzlich kotzuebel. Naja, vielleicht vergeht das ja… Nein, definitiv, mir ist schlecht und in meinem Kopf haemmert irgendjemand gegen meinen Schaedel. Wasser gibts nicht wirklich, da genau dieses mir wahrscheinlich meinen Koerper so durcheinander gebracht hat. Normalerweise konnten wir das Wasser hier in den Fluessen und Baechen trinken, doch das Gletscherwasser war wohl nicht so intelligent zu trinken. Aber es ist ja nur noch ne Stunde bis zum Rucksack… Oh maenno, ich quaele mich durch die zauberhafte Landschaft zurueck und zaehle jeden Schritt. Mit vielen Verschnaufpausen erreichen wir endlich unser Gepaeck und ich lass mich einfach plumpsen waehrend sich Matthias um Wasser, Kohletabletten und Rucksaecke bemueht. Nun sinds nur noch 2 bis 3 Stunden und mir wirds nicht besser. Bei jedem Schritt ueberleg ich hinter den naechsten Baum zu springen, aber einmal alles draussen wuerde ich wohl einfach fuer immer genau dort liegen bleiben zu wollen. Also weiter, Schritt fuer Schritt. Mein Held hinter mir schleppt sich derweil mit 2 Rucksaecken ab, waehrend ich so gerade noch mein eigenes Koerpergewicht tragen kann. Das Panorama mit Sonnenschein koennt nicht schoener sein und ich mache sogar ein ganzes Foto, danach konzentrier ich mich einfach weiter nicht mich uebergeben zu muessen und warte einfach auf die Wirkung der Kohletabletten. Gott sei Dank. Kurz vor Schluss wirds mit jedem weiteren Schritt besser. Irgendwann trage ich wieder selber mein Paeckchen und auf den letzten Metern bergab belohnt uns der Himmel mit den schoensten Abendsonnenstrahlen, die das gesamte Tal von El Chaltén in allen Faben glaenzen laesst. Auch ich glaenze bald wieder mit neuer Fitness und nach einem kurzen Ueberfall der Betten und Dusche in unserer neuen Hosteria traue ich mich sogar an ein staerkendes Bife de Chorizo. Mir gehts prima! Und stolz wie Oskar kriegen wir beide uns kaum noch ein ueber diesen abenteuerlichen, beeindruckenden Trekking-Trip von etwa 40km bzw. 18 Stunden bergauf und bergab. Ich bin so froh, doch noch nach Patagonien gereist zu sein, denn genau diese Zeit hier ist bisher das Highlight meiner Suedamerikareise. Ich bin verliebt, nicht nur in Patagonien. Ganz bestimmt kehre ich hierher nochmal zurueck und ich bin sehr gespannt, wann und mit wem.
Am naechsten Tag konnten wir uns tatsaechlich immer noch fortbewegen und toitoitoi ohne Muskelkater. Meinem Magen schien es auch wieder gut zu gehen, denn er vertrug mal wieder Unmengen an Material aus der Chocolateria und verbotene Leckereien aus der Baeckerei. Wir genossen einen Tag noch mit Nix-Tun und Reisevorbereitung. Denn bisher hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht wie ich eigentlich aus Patagonien wieder wegkomme. Eines war klar: nie wieder Caleta Olivia! Und ungern alleine. Mit Alleinreisen ist jetzt erstmal Schluss und das obwohl ich daheim so ueberzeugend vehement jegliche Vorraussagen abgestritten habe, ich wuerde ja jemand kennenlernen. Aber mit welcher Treffsicherheit trifft man einen bayerischen Seelenverwandten aus Kanada in Chile, der zufaelligerweise den gleichen Weg, die gleichen Ideen, das gleiche Bauchgefuehl und den gleichen Abflugshafen am gleichen Datum hat? Somit entschieden wir uns doch noch bis nach Ushuaia zu fahren, das absolute Ende der Welt, nur 1000km von der Antarktic entfernt. Das bedeutet zunaechst noch weiter nach Patagonien und Feuerland rein, aber dafuer dann schoen preiswert mit dem Flugzeug nach Buenos Aires.